Teil 3: Durch Syrien in den Süden (28.04. - 01.05.2010)

Am 28.04. verlassen wir Aleppo, die größte Stadt Syriens, Richtung Süden. Zuvor besichtigen wir noch die große Zitadelle: Gelegen auf einem Hügel, mit einem Durchmesser von mehr als 400 m, war sie eine fast uneinnehmbare Festung. Der Graben, die Ringmauer, sowie das eindrucksvolle Eingangsportal oberhalb der langen Steinbrücke zeugen von der ehemaligen Mächtigkeit dieser Anlage. Fünfmal muss man innerhalb des Eingangsportals abbiegen, um in das Innere zu gelangen sowie 3 Tore passieren. Im 10. Jahrhundert v. Chr. errichteten die Hethiter hier einen ersten Tempel, die erste Schutzburg wurde im 4. Jahrhundert v. Chr. errichtet. Die heute sichtbare Zitadelle stammt aus dem 12. Jahrhundert ...

Die Zitadelle ... ... von Aleppo ...

Der Verkehr in der Stadt und auf den Überlandstraßen ist oftmals abenteuerlich und erfordert viel Umsicht und Vorausschau. Die Hupe ist eine Allzweckwaffe und kommt kontinuierlich zum Einsatz. Auf Autobahnen kommen schon mal Autos oder Motorräder entgegen oder eine Ziegenherde grast friedlich auf dem Zwischenstreifen.

Abenteuerlicher Verkehr ...Manche Fahrzeuge sind abenteuerlich überladen, auf einem Pickup wird schon mal die gesamte weibliche (!) Erntemannschaft stehend zur Arbeit transportiert. Viele Fahrzeuge werden nur vom Rost und Allah´s Willen zusammengehalten. U-Turn´s von Sattelschleppern über den Mittelstreifen der Autobahn muss man einfach einkalkulieren.

So wie es in USA die Food-Exits gibt, braucht auch hier der Reisende nicht zu darben. Ost- und Gemüse, aber auch Kaffee wird direkt am Straßenrand angeboten. Die Fahrer bremsen einfach abrupt und ziehen nach rechts rüber; gestartet wird genauso, ohne auf den Verkehr von hinten zu achten.

Unser heutiges Ziel ist Apamea, eine ehemals blühende Stadt. Die heutigen Ruinen stammen aus der Römerzeit; zu Beginn des 12. Jahrhunderts war diese von Kreuzrittern besetzt. Eine fast zwei km lange Säulenstraße zeugt von der ehemaligen Ausdehnung, diese Stadt war früher komplett von einer Mauer umgeben.

Wir können die Nacht direkt in Sichtweite der Ruinen verbringen. Nachdem Reisebusse diese historische Stätte verlassen haben, ist Ruhe eingekehrt und wir verbringen den Abend gemeinsam mit einem italienischen Ehepaar in deren Wohnmobil.

Am nächsten Morgen (29.04.) stehen wir schon früh auf, damit wir vor Ankunft der Touristen ungestört in der Morgensonne fotografieren können.

Gegen Mittag geht unsere Reise weiter, nächstes Ziel ist Hama, bekannt für seine historischen Wasserräder. Mit einer Schöpfhöhe von bis zu 20 m wurden früher die umliegenden Felder der Region bewässert. Die Räder sind ganz aus Holz gefertigt und die Holzlager knarzen ihr ewiges Lied ...

Ruinen in Apamea ...

... und historische Wasserräder in Hama ...

Abends fahren wir noch zum Krak de Chevalier, einer riesigen und sehr gut erhaltenen Burganlage, seit 2006 UNESCO-Weltkulturerbe. Die ersten Mauern wurden arabischen Quellen zufolge 1031 n. Chr. errichtet. Um 1144 wurde die Burg im Rahmen der Kreuzzüge erobert und zu einem Johanniterorden umfunktioniert und bis 1250 von den Kreuzrittern weiter ausgebaut.

Gemeinsam mit zwei Franzosen, die mit ihrem Landrover vor zwei Jahren in der Mongolei und jetzt durch Armenien und Iran unterwegs waren, verbringen wir den heutigen Abend: Wir tauschen unsere Reiseerfahrungen aus und nehmen mit, dass Reisen in diese Länder ohne größere Probleme sind.

Am Krak de Chevalier ...

Stall für bis zu 2000 Pferde ... Gewaltige Anlage ...
... und beeindruckende Gewölbe ... Schulklassen-Gruppenfoto ...

Heute ist Freitag (30.04.), somit der islamische Sonntag und bereits zur Öffnung um 9:00 Uhr ist am Eingangstor die Hölle los. Eine Unzahl von Familien und Schulklassen vereint mit Touristen wollen heute die Burg erobern. Ihre stärksten Waffen sind die Lautstärke, mitgebrachte Trommeln sowie die Musik aus einer Unzahl von Handys. Die Lehrer dirigieren ihre Truppen dabei mit Hilfe von kräftigen Trillerpfeifen. Taucht dann noch ein Besucher aus dem Westen mit Kamera und Stativ auf, wird diesem erst mal ein "welcome to syria" angeboten und anschließend wollen sie gerne fotografiert werden. Wir werden von vielen Syrern angesprochen; sie sind stolz, dass wir ihr Land bereisen ...

Auf dem Parkplatz werden wir noch von einer deutschen Familie angesprochen und es stellt sich heraus, dass sie seit Oktober 2009 in Damaskus leben; er arbeitet bei der deutschen Botschaft. Vielleicht ergibt sich auf der Rückreise noch ein Besuch, da Damaskus noch auf unserer Reiseliste steht.

Uralte Fresken ... ... im Kloster Dair Mar Musa

Auf dem weiteren Weg nach Süden in Richtung Jordanien ist unser nächstes Ziel ein altes Kloster in einer engen steilen Schlucht mit Blick auf die Wüste gelegen. Dair Mar Musa wurde vor 1.400 Jahren gegründet, in der Klosterkirche sind noch viele uralte, nicht restaurierte Fresken erhalten. Das Kloster steht heute unter der Leitung eines italienischen Jesuitenpaters. Jeder interessierte Reisende kann dort umsonst (Spenden und Mitarbeit bei der Hausarbeit sind willkommen) auch längere Zeit verweilen und die Abgeschiedenheit und spirituelle Ruhe genießen. Wir nächtigen lieber in unserem Auto in einem einsamen Wüstental in der Nähe und steigen dafür zweimal zum Kloster hinauf. In Ruhe können wir die Fresken fotografieren und stärken uns später mit Fladenbrot, köstlichem Ziegenkäse und Tee ...


© 2010 Hans-Jörg Wiebe