CargoLifter 
Transport-Luftschiff & Werfthalle

Oder: 
Wie die größte freitragende Halle der Welt zum
größten Ärgernis für Modellbauer werden kann ...

 


Eigentlich hatte es um den "richtigen" CargoLifter schon genug Ärger gegeben, wie wir Ende 2000/Anfang 2001 selbst feststellen konnten. Dennoch: Wir wollten von diesem umstrittenen Teil unbedingt ein Modell für unsere Sammlung, immerhin gab es ein solches inzwischen - sogar mit Halle! Aber dass es mit diesem Modell jetzt eben solchen Ärger geben sollte, hatten wir wirklich nicht erwartet ...

Nun, wir waren ja darauf vorbereitet, dass es als echter "Fitzelkram" im Maßstab 1:1.250 daher kommen sollte - die größte freitragende Halle der Welt damit zur knapp 27 cm langen Miniatur verkommen.

Aber dennoch begannen wir wohlgemut - sah doch der Modellbaubogen, ein so genanntes "Kartonmodell", auf den ersten Blick recht ansprechend aus. Aber dann, nach immer lustloser werdender Schnippselei mit absoluten Miniteilen und dicht davor, das (inkl. Versand) 26 DM-Teil in den schon bereit stehenden Papierkorb verschwinden zu lassen, richteten wir doch noch eine Anfrage an den Lieferanten Scheuer & Strüver aus Hamburg, der für sein gigantisches, hervorragendes Sortiment bekannt ist und der auch dieses Modell mit der Artikelnr. 613 3961 vertreibt:

"Hallo Modellbauer,

da wir in einer unserer nächsten Ausgabe über den Bau des Modells CargoLifter (Hamburger Modellbaubogen Verlag) berichten möchten, würde uns interessieren, wer für den Maßstab 1:1.250 des Modells verantwortlich zeichnet und warum dieser gewählt wurde.

Aufgrund der hiermit verbundenen "Fitzel-Arbeit" fragt man sich intensiv, warum nicht mindestens ein Maßstab von 1:700 gewählt wurde. Abgesehen von dem wesentlich ansehnlicheren Ergebnis und der geringeren Problematik beim Bau des Modells hätte man mit diesem Maßstab auch Anschluss an andere Serien (wie z.B. von Tamiya etc.) gefunden. Die Maßstabentscheidung bleibt somit leider insgesamt unverständlich.

Für eine diesbezügliche Antwort vielen Dank im Voraus!"

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten:

Das Modell wurde nach den Wünschen der CargoLifter AG erstellt und für diesen Modellbaubogen gab es eine Obergrenze in Bezug auf den Umfang des Modellbaubogens. Da der Maßstab 1:1.250 ein Sammlermaßstab bei Fertigmodellen ist, wurde dieser Maßstab gewählt. 

Ein zweites Modell ist gerade in der Produktion: das CargoLifter Transportluftschiff im Maßstab 1:200. Dieser Maßstab wurde in Anlehnung an die anderen am Markt erhältlichen Kartonmodelle von Zeppelinen gewählt. Erscheinungstermin: Mai/Juni 2001.

Viele Grüße

Liane Struever - Scheuer & Struever GmbH
Modellbauvertrieb und Verlag
Fachbuchhandlung
Jollassestieg 4-8 - D 22303 Hamburg

Das war es also: Das Modell wurde nach Wünschen der CargoLifter AG in dieser Form erstellt! Da kamen wir allerdings doch ins Grübeln: Was weiß man bei CargoLifter über die Wünsche und Anforderungen von Modellbauern, kennt man diese Zielgruppe eigentlich? Glaubt man dort, Modellbauer wollten unbedingt Teile im Sammlermaßstab (?) 1:1.250 zusammenfitzeln? Wir meinen NEIN: Die Sammler von Fertigmodellen im Maßstab 1:1.250 (was gibt es da eigentlich??) sind kaum die Modellbauer, die hier angeblich angesprochen werden sollen!

Aber nicht genug mit dem "Fitzel-Maßstab": Das Modell verärgert beim Bau durch qualitative Mängel, die von viel zu dünnem Papier bis hin zu gravierenden Fehlern in der Bauanleitung reichen ...

Falsch: Einbauanleitung der Hallentore ... Falsch: Einbaurichtung bei einer Innenstütze ...
Teile ohne Klebebereiche ... Wie sollen die Hallentore eingebaut werden??

Teile, die nicht genau passen, "ergänzen" Teile, die ohne Klebebereiche zusammen montiert werden müssen, da der Mini-Maßstab keine solchen zulässt: Die "Führungsschienen" der Hallentore z.B. sind nur millimeterbreite, aber 25 cm lange Streifen, die ohne vorgesehenen Klebebereich sind (siehe Bild 3) - auch mit zwei Pinzetten niemals sauber auf den Untergrund klebbare Minifitzel. Anderes Beispiel: Die Motorgondeln des Luftschiffs sind vorne aus 3 einzelnen winzigen Streifen ohne Klebeflächen zusammen zu leimen. Geringer Spaßfaktor, der schnell in großen Wutfaktor übergeht, wenn man selbst mit Feinpinsel zum Aufbringen zwangsläufig eine Sauerei mit dem Klebstoff erzeugt ...

Die z.T. undurchsichtige Bauanleitung stellt den Bastler manchmal vor Rätsel: Massive Fehler gibt es in wesentlichen Bauabschnitten, so wurden z.B. die Dachträger der Halle verwechselt, auch die Einbauanleitung der Hallentore ist in der dargestellten Form schlicht falsch. 

Das Teil ist fertig - Hallenträger mit Fotokopien ...Das Einhängen der Tore (siehe Bild 4) wird damit zum kritischen Moment für das Modell: Noch nie waren wir in letzter Zeit so dicht dran, das ganze Ding an die Wand zu werfen und anschließend einen Indianertanz darauf zu vollführen! Welcher vom Modellbaugott verlassene Konstrukteur denkt sich so was aus - und dazu auch noch eine falsche Anleitung? Sechs winzige Tore mit winzigen Löchlein zwischen die Halterungen auf ein Stück Stecknadel zu friemeln und dann auch noch wechselseitig versetzt - hat der Mensch, der sich das ausdachte, jemals ein Modell zusammen gebaut?

Was an dieser Anleitung falsch ist: Die äußersten Tore (14, 14a) sind gleichzeitig die längsten und müssen, damit es überhaupt passt, als oberste und nicht als unterste, wie in der Anleitung gezeichnet (siehe Bild 1), eingehängt werden.

Auch beim Luftschiff selbst ist eine Innenstütze falsch herum eingezeichnet (siehe Bild 2): Dies konnte zum Glück gerettet werden, durch Abknicken der vorgesehenen Anleimflächen ...

Zur "Abrundung" fehlen wichtige Hinweise in der Anleitung wie: Wegen allzu dünnem Papier sollte nur Papierkleber mit minimalem Wasseranteil verwendet werden, ansonsten erhält man unansehnlich wellige Teile, wie z.B. den Hallenboden. Oder: Für einzelne Bauteile ist mindestens der Einsatz von zwei Pinzetten erforderlich etc., da aufgrund der Größe kaum eine andere Montage möglich ist ...

Auch wurde gespart: So sind z.B. die Dachträger der Halle nur einseitig bedruckt und notdürftig durch Drehen nur z.T. nach beiden Seiten sichtbar. Unser Trick: Träger fotokopieren, ausschneiden und auf die unbedruckte Seite kleben (siehe Bilder unten).

Das Fazit, nachdem wir uns wieder beruhigt haben: Bleibt insgesamt zu hoffen, dass die Cargolifter AG bei ihren "richtigen" Kunden die Zielgruppe besser trifft - doch falls der "echte" CL 160 auch nur annähernd die Qualitäten des Modells haben sollte, dann wirklich gute Nacht, Aktionäre ...

Aber auch hier was Positives zum Schluss: Wir haben die Nerven behalten, die Zähne zusammen gebissen und weiter gemacht - irgend wann war das Modell fertig und im richtigen Licht kann man es sogar trotz allem noch fotografieren, wie unsere Bilder beweisen. Aber dann haben wir es ganz schnell in unseren Modellkeller gebracht - da gibt es nur künstliche Beleuchtung ...

Der CL 160 als Miniatur ...

Bei richtigem Licht kann er sich aus der Halle trauen ...

Übrigens: Das neue Modell des CargoLifter im Maßstab 1:200 haben wir dennoch bestellt und bereits "auf Halde" liegen - mal sehen wie das eines Tages wirkt neben einem gelungenen Zeppelin von J.F.Schreiber. Auf den ersten Blick macht die Mappe bereits einen vielfach positiveren Eindruck als das "Fitzelmodell": Dickes Papier, Karton zur Verstärkung in separaten Kartonbögen usw. - kurzum, viel versprechend ...


1. Nachtrag, Mai ´02: Wie wir inzwischen wissen, ist den Luftschiffbauern nun (wie von vielen erwartet) das Geld ausgegangen - und jetzt haben somit nicht nur die Modellbauer ein Ärgernis! 

Und noch was: Den CL 160 oder auch nur einen Prototyp wird es sicherlich niemals in der Realität geben - also reine Bauernfängerei das Ganze? Es sieht so aus! Aber dennoch werden wir den Modellbaubogen behalten und eines Tages auch bauen - und wenn er fertig ist, erzählen wir jedem dazu die Geschichte, wie es dem Luftschiff im Jahr 2015 hätte ergehen können - ja wenn es denn mehr als eine Luftblase gewesen wäre und die liquiden Mittel der Firma nur bis dahin gereicht hätten!


2. Nachtrag, März ´03: Wir haben das große Luftschiff bisher nicht gebaut - aber ein Leser hat es! Mehr dazu unter CargoLifter - Die "Serienfertigung" hat doch begonnen ...


© 2001-2003 J. de Haas