1000 Orte, die man knicken kann ...


"Leute, die viel gereist sind, erkennt man am unzufriedenen Gesichtsausdruck"

1000 Orte zum knicken: Amüsanter Reiseführer durch die Welt ...Dieser Ausspruch von Mark Twain findet sich auf der Rückseite eines Buches, das sich wie kein anderes mit dem Reisen beschäftigt: Sein Autor Dietmar Bittrich hat sich etwas auf die Fahne geschrieben, was man auf so manch einer Reise und oft gegen seinen Willen an der einen oder anderen Stelle auch persönlich nachvollziehen kann: Nämlich die Beschreibung zu liefern von "1000 Orten, die man knicken kann".

Dass sich so manche "Traumziele" der Reiseindustrie und auch von Individualtouristen für den einen oder anderen durchaus als Flop entwickeln können, will sicherlich niemand so gern wahrhaben, der immer der Devise "Der Weg ist das Ziel" oder "Reisen bildet" folgt. Aber manchmal kann eben die gemachte Erfahrung und die erworbene Bildung nur einen Schluss zulassen: Nie mehr wieder dahin!

Derlei Erkenntnisse lassen sich jedoch auch sehr augenzwinkernd und durchaus nicht immer ernst gemeint präsentieren, wobei eine wirklich vergnügliche Urlaubslektüre entstehen kann - eben so gelungen wie im Buch von Dietmar Bittrich, das uns sehr gut gefallen hat (erschienen im Rowohlt Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-499-62626-5).

Dass der Autor weit herum gekommen ist und viel erlebt hat, kann man der stattlichen Länderliste des Inhaltsverzeichnisses dieses "Reisebuchs" entnehmen, das sich so ganz als Gegenteil all dieser oft ätzenden "Reiselektüre" versteht, die irgend welche Reiseziele als unbeschreiblich schön und sehenswert einstufen oder sie gar in die Liste der 1000 Orte einreihen, die man angeblich in seinem Leben unbedingt gesehen haben muss.

Und so kann man sich nach Meinung des Autors doch etliche Orte ersparen (oder auch vielleicht nicht wirklich), so auch in Europa, das mit Zielen in Frankreich, England, Schottland, Dänemark, Italien, Schweden, Spanien und anderen gut vertreten ist (eine Warnung vor entsprechenden Reisezielen in Deutschland suchen wir leider vergebens).

Aber auch andere Teile der Welt sind aufgeführt: Afrika, Amerika, Asien, Australien und Ozeanien sind ebenfalls dabei, und man findet hier jede Menge amüsanten Stoff, der einem die Zeit verkürzen und den Aufenthalt erleichtern kann, sollte man doch einmal (versehentlich! ) dorthin gefahren sein, wovor der Autor warnt. Erfreut lesen wir hier etwa von den Midgets, den Stechmücken, die wir im Buch als "geschützte Raubtiere" sofort wiedererkennen und natürlich seinerzeit in Schottland ebenfalls ins Herz geschlossen hatten ...

Wer sich z.B. auch an unsere nicht ganz ernst gemeinte Reise nach Maltungerokko erinnert, der wird vielleicht Vergnügen haben an den Ausführungen zu einem anderen Land aus jener Ecke der Welt:

"Ja, natürlich, es gibt einen Grund nach Marokko zu reisen, am Besten mit Gleichgesinnten, und dafür auch noch tief in die Tasche zu greifen. Einen einzigen Grund: dort bei Nacht ein Boot zu besteigen und über die Straße von Gibraltar nach Spanien zu setzen, um den gruseligsten aller Kontinente für immer hinter sich zu lassen. Das tun viele.

Wiedererkannt: In Schottland geschützte Raubtiere (Midgets) ...Dass auch der umgekehrte Fall vorkommt - dass also Leute von europäischen Schleppern verführt werden und nach Marokko fahren -, das scheint Afrikanern, und speziell den Marokkanern, schier unbegreiflich. Aber es geschieht. Europäische Schlepper, Reiseveranstalter genannt, geben Marokko als "Land der Königsstädte" aus. Mit diesem goldfarbenen Wort bezeichnen sie eine Reihe von Slums, die unter den Namen Fès, Marrakesch, Meknès und Rabat im Lexikon zu finden sind."

Viel Spaß kann man also bei der Lektüre dieses Buches haben, das aus der Feder dieses offenbar erfahrenen Vielreisenden stammt. Dietmar Bittrich lebt als Autor in Hamburg und gewann sowohl den Hamburger Satirikerpreis als auch den Preis des Hamburger Senats. Auf seiner Webseite rät er allen seinen Lesern: "Bitte wenden Sie sich mit weitergehenden Fragen niemals an den Autor. Er weiß von nichts."

Wenn man nun einige negative Kritiken z.B. bei Amazon zu diesem Buch liest (es gibt auch positive! ), so fühlt man sich nicht ohne Grund schnell an unsere FAQShitparade, Abteilung Beschwerde-Annahme und "Kritik muss sein" erinnert: Die Kommentare zeigen, dass offenbar etliche Leser des Buches humortechnisch mindestens so überfordert sind, wie zum Beispiel einige Defender-Fahrer beim Studieren unseres Defender-Kurses ...

Dieses Buch könnte einen vorderen Rang einnehmen in der Kategorie "1000 Bücher, die man sich getrost sparen kann". Der Autor hat lediglich eine Gegenteil-Version geschaffen von den sonst üblichen Reiseführern, die zugegebenermaßen (fast) immer nur die gleichen Orte hervorheben und beschreiben. Worin dabei die Genialität oder der Witz besteht ist mir schleierhaft. Viele der beschriebenen Orte hab ich schon selbst gesehen, die sind alle schön, da gibt es überhaupt keine Diskussion!

Klar ist, dass sich sowas halt eben auch entsprechnd schnell rumspricht und es dort dann auch entsprechend überlaufen ist, was ich auch nicht so gerne hab. Aber deswegen gleich ain Buch schreiben, in der Hoffnung, dass es zum Bestseller wird und man vielleicht irgendwann mal alleine auf dem Eiffelturm stehen kann. Ich glaube diese Rechnung geht nicht auf. Fazit: Diese Buch hat weder irgendeinen Informationsgehalt, noch Witz, noch sonst irgendwas. Im Gegenteil: es ist beleidigend für alle, die schon mal Freude daran hatten, sich einen der beschriebenen Orte und Sehenswürdigkeiten angesehen zu haben.


Eine einzige, teilweise schon als bösartig zu bezeichnende Zusammenstellung von gängigen Klischees von einem offensichtlich frustrierten Reiseführer/Journalisten. Etliche der vorgestellten Orte hab' ich bereits selbst besucht und kann kein einziges dieses Urteile auch nur annähernd bestätigen. Es ist dabei noch nicht mal witzig oder zumindest unterhaltsam geschrieben (wie Molwanien & Co.) Es ist auch keine Satire, sondern lediglich eine Sammlung von allseits bekannten Vorurteilen und soll wohl eine Klientel befriedigen, die sich die meisten der dargestellten Reiseziele nicht leisten kann.


10 Minuten gelesen, das reicht. Der Autor sieht in völlig überzogener Weise nur das Negative, teilweise wirkt der Text regelrecht böswillig. Lustig ist das Buch auch nicht so recht, dafür ist es mir zu plump. Kann ich nicht empfehlen.


Zuerst dachte ich bei dem Titel auf eine sehr gelunge Parodie der "Insider-Tipp-Sammlung", "1.000 Orte, die man im Leben gesehen haben muss." Denn beide Cover sind sehr ähnlich gestaltet. Also mit einer gewissen leichten Ironie und seltener Plumpheit über einige Reiseziele. Stattdessen wirft der Autor mit Beleidigungen um sich und bezeichnet die Einheimischen in Italien oder Spanien als Taschendiebe. Vor allem mokiert er sich über die Eintrittspreise in den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Dabei gibt es doch in jeder Großstadt ruhige Viertel, fernab vom "Touristennepp" und angeblicher "überteuerter Essensreste". ...

Nun ja, die bewährten Kommentare von Zeitgenossen, die als weitgehend ungepeinigt von plötzlichen Humoranfällen gelten können, sind uns allseits bekannt - deshalb ist es sicher nicht erstaunlich, dass wir das Buch unter diesen Umständen nur empfehlen können ...

Ach ja, auch andere als Mark Twain haben sich mit Sprüchen wie oben nicht nur beliebt gemacht, so zum Beispiel auch Schriftsteller wie Isaac Babel. Ist es da ein Wunder, dass ein Zitat von eben diesem dann auch einen Beitrag über Ägypten im Buch "1000 Orte, die man knicken kann", abschließt? Unter der Überschrift "Das meinen Kenner" kann man da nämlich lesen: "Ich reise nicht in Länder, in denen das intelligente Leben vor dreitausend Jahren ausgestorben ist." ... 


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