Fliegerei ins All: Besuch bei DLR und ESA ...


Wer beim Besuch in Köln gesättigt ist von Geschichten alter Römer, herrschender Bischöfe und mittelalterlicher Bauten, kann einen Ausflug machen in die Zukunft zur DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.) - das deutsche Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt. Praktischerweise befindet sich auf dem weitläufigen Gelände auch die ESA (European Space Agency) - das europäische Astronautenzentrum.

Am Eingang werden wir begrüßt von einer Studentin, die einen der heißbegehrten Jobs bei der DLR erhalten hat und uns nun durch die Einrichtungen führt.

Zunächst wird eindringlich auf ein absolutes Fotografierverbot hingewiesen, da die DLR auch im Auftrag der Industrie Aufträge bearbeitet und durch das Verbot auch Industriespionage unterbunden werden soll.

Wer hier eine Besichtigung macht, sollte gut zu Fuß sein, denn die Wege durch das Gelände sind lang ...

Zunächst geht es zum Sonnenofen, einem Projekt, bei dem man die Sonnenenergie direkt - nicht über Solarzellen - nutzt, um hohe Temperaturen über 2.000°C zu erzeugen. Dazu wird das Sonnenlicht über Spiegel in eine Halle geleitet. Dabei hat man darauf geachtet, dass der Sonnenofen unabhängig von der sich ändernden Sonneneinstrahlung genutzt werden kann.

Eine Stückchen weiter steht das ESA-Gebäude. Nun die große Überraschung: Wir werden darauf hingewiesen, dass wir uns jetzt auf dem Gelände der ESA befinden und hier das Fotografierverbot keine Gültigkeit hat. Also nichts wie raus mit den Kameras: In der Empfangshalle hängt ein riesiges Modell der ISS (International Space Station) - deutlich größer als das in unserem Modellkeller!

An diesem Modell werden ausführlich der schrittweise Aufbau, die einzelnen von den Nationen entwickelten Module, die Notfallvorkehrungen, die Panoramakuppel und vieles mehr erläutert. Ringsum gibt es von einzelnen Bauteilen wiederum Detailmodelle, so dass man sich einen tollen Überblick über die Raumstation verschaffen kann.

In einer großen Halle stehen Module für das Training der Astronauten. In Europas tiefstem Schwimmbecken mit 10 m Tiefe wird ebenfalls ein Modul versenkt, da die Astronauten unter Wasser eher mit "Weltaumbedingungen" trainieren können als in der Halle. Übungen in der Schwerelosigkeit können sie in Flugzeugen nur für wenige Minuten während des Parabelsturzflugs durchführen, so ist das Schwimmbecken eine recht gute Alternative.

Im nächsten Gebäude werden wir über die Lebensbedingungen der Astronauten aufgeklärt: Jeden Tag Fitness z.B. auf dem Ergometer ist ein Muss, um den unvermeidlichen Muskelabbau in Grenzen zu halten. Beliebt ist dies bei den Astronauten nicht und so werden die Fitnesszeiten gegen Ende der Aufenthaltszeit immer mehr "optimiert". Gehirn und Augen werden ebenfalls beeinträchtigt, da der Gehirndruck ansteigt. Dafür wächst der Astronaut einige Zentimeter, da die Wirbelsäule nicht mehr zusammengedrückt wird, allerdings wird er bei der Landung dann aber wieder ordentlich zusammengestaucht. Macht in der Summe dann plus minus Null ...

Willkommen bei der ESA! Die ISS wartet schon ...
... eindrucksvolles Modell  ... auch Details werden dargestellt ...

Ventilatoren in der ISS sind überlebensnotwendig: Ohne solche Ventilatoren würde man beim Schlafen an seiner eigenen ausgeatmeten Luft ersticken, denn rund um den Kopf reichert sich die Luft immer mehr mit dem ausgeatmeten Kohlendioxyd an.

Die Ernährung mit Genuss ist ebenfalls ein Problem, da aufgrund der geschwollenen Schleimhäute der Geschmackssinn beeinträchtigt ist, man deshalb eigentlich lieber mehr Salz am Essen haben möchte, aber aufgrund der Bedingungen im Weltraum nur weniger Salz als üblich essen darf.

Auch das was nach dem Essen kommt, wird erläutert, so erfahren wir, dass die Benutzung der "Absaugtoilette" im Astronautenzentrum trainiert wird, damit es im All weniger Sauerei gibt - für uns als trainierte Porta Potti Anwender durchaus nachvollziehbar!

Neben Muskelabbau (auch am Herzen), öder Fitness, geschmacklosen Fertiggerichten und gewöhnungsbedürftigen Toilettengängen kommt noch die Strahlung dazu, wobei man zur Zeit mit einem Dummy untersucht, was die Astronauten wirklich bei ihrer Arbeit in der ISS abbekommen. Betrachtet man noch das aufwändige und anstrengende Vorbereitungstraining, so muss man schon viel Enthusiasmus für den Astronautenberuf aufbringen. Dennoch bewerben sich bei jedem Aufruf Tausende bei der ESA ...

Europas tiefstes Schwimmbecken ... Übungsmodul zum Versenken ...
Übungshalle für Astronauten ... Das Projekt Rosetta, Modell von Philae ...

Nach einem kurzen Spaziergang erreichen wir ein weiteres Gebäude, in dem über Monitore Live-Bilder der ISS eingespielt werden. Heute ist der 01. März 2012, alle Bildschirme zeigen aber 02. März 2012. Bei all der Hochtechnik in der Weltraumfahrt hat man offensichtlich die Schaltjahrformel nicht beherrscht und es bis zum Nachmittag nicht einmal gemerkt, als wir darauf hinweisen ...

Es wird uns auch das ehrgeizige Projekt Rosetta präsentiert: Rosetta ist eine Sonde, die am 02.03.2004 gestartet wurde (auch ein Schaltjahr!). Sie besteht aus zwei Komponenten, dem Orbiter und dem Lander Philae. Im Mai 2014 soll Rosetta ein Rendezvous mit dem Kometen Tschurjumow-Gerasimenko haben. Für den November 2014 ist geplant, dass Philae sich vom Orbiter trennt, auf dem Kometen landet und Daten über den Orbiter an die Erde übermittelt. Diese Daten sollen helfen, den Ursprung des Universums weiter zu untersuchen.

Den Weg zum Kometen hat Rosetta ebenfalls genutzt, Daten über die Asteroiden Lutetia und Steins zu übermitteln, an denen die Wissenschaftler noch lange auszuwerten haben ...

Im Dezember 2015 wird die Mission dann beendet sein: Rosetta befindet sich seit dem 08.06.2011 im Energiespar-Tiefschlaf, um dann im Januar 2014 für die Vorbereitung des Treffens mit dem Kometen wieder aufzuwachen. Wenn man überlegt, wie viele Jahre es dauert, den Kometen Tschurjumow-Gerasimenko zu erreichen, der in Jupiterentfernung getroffen werden soll, wird einem klar, wie weit wir heutzutage noch von "echter" Raumfahrt entfernt sind. Aber immerhin hat der Besuch von DLR und ESA bereits einen kleinen Blick in die Zukunft ermöglicht ...


© 2012 Sixta Zerlauth