Tag 7, Freitag, 16. Juli: Von der Mt. Robson Lodge nach Jasper und über den Icefields Parkway nach Lake Louise

 (ca. 320 km)

Nach einer ruhigen Nacht erwartet uns am Morgen ein wolkenfreier Mt. Robson - eine echte Ausnahme! Der heutige Reiseverlauf wird mir sicherlich ewig in Erinnerung bleiben: Der 230 km lange Icefields Parkway (Hwy No. 93).

Wir hatten Glück: Mehrmals am Straßenrand Schwarzbären ...Nach Jasper erfasst uns diese großartige Straße mit den vom Schmelzwasser grauen Flüssen, den mächtigen Bergen mit schneebedeckten Gipfeln und dunklen Wäldern, den noch vorhandenen Gletschern und imposanten Wasserfällen. Zuerst erreichen wir die Athabasca Falls: Hier machen wir eine kurze Rast und gehen an den gut gesicherten Klippen der Falls spazieren.

Bereits kurz nachdem wir uns wieder auf den Weg nach Süden gemacht haben, begegnet uns erneut ein Schwarzbär. Hier sind viel mehr Fahrzeuge unterwegs, somit hat der Bär auch viel mehr Zuschauer als bei unserer ersten Begegnung. Dagmar und Roland werden am nächsten Tag noch einmal eine Bärin mit zwei Jungen sehen, für die anderen ist es der letzte Blick auf diese prächtigen Tiere.

Den nächsten Halt legen wir bei den Sunwapta Falls ein: Dieser Wasserfall hat einen mächtigen Canyon in den Flusslauf gegraben. In der Sunwapta Lodge machen wir die täglich eingeplante Mittags- oder Kaffeepause. Ich hole mir einen großen Blueberry Muffin und dazu einen Milchkaffee. Die Muffins in Kanada sind einfach besser als in Deutschland. Warum eigentlich?

Wir kommen in das Gebiet der über 3.000 m hohen Berge: Hier, kurz vor dem Icefield Centre, sind auch die ersten Gletscher zu sehen. Es wird merklich kühler. Am Infocenter angekommen machen wir eine Informationspause. Hier oben, in 2.000 m Höhe, ist es sehr windig und kalt.

Ich glaube, dass der große Athabasca Gletscher, gegenüber vom Infocenter, seit meinem letzten Besuch im Jahre 1998 deutlich zurückgegangen ist: Wann wird er wohl ganz verschwunden sein ..?

Auf weitläufigen Kurven und gut ausgebauten Straßen fahren wir schließlich weiter über den Sunwapta Pass nach Süden. Eine einmalige, unbeschreibbare Landschaft begleitet uns bis Lake Louis ...

Seltenheit: Mt. Robson ohne Wolken ... Totempfähle an der Zufahrt zu den Sunwapta Falls ... Regenwolken: Südlich vom Bow Lake ...

Kurz vor dem Bow Pass (2.088 m) beginnt es zu regnen: Es soll der einzige Regen während der Fahrzeit auf der gesamten Reise bleiben. Wir biegen ab auf den Parkplatz am Bow Lake, der Regenschauer dauert nicht lange. Wir nutzen den Aufenthalt und gehen in die Num-Ti-Ja Lodge zum Kaffee trinken. Diese sehr alte Lodge bietet bei gehobenem Komfort noch richtige Pioniergefühle.

Auf dem Weg nach Süden hängen dunkle Wolken über den Bergen. Der Regen verschont uns aber und in Lake Louis ist es nur noch auf den Straßen feucht.

Tag 8, Samstag, 17. Juli: Lake Louise, Banff, zurück und weiter nach Westen bis Golden

 (ca. 300 km)

Früh am Morgen befinden wir uns am See und sind gefangen von dieser einmaligen Bergkulisse: Kaum dass wir aber einige Fotos gemacht haben, sind auch schon die ersten fernöstlichen Touristen am Ufer.

Wir setzen uns auf unsere Bikes und fahren weiter zum Moraine Lake im Valley of the 10 Pikes. Es sind zwar nur ca. 15 km bis zum See, aber schon die Anfahrt bietet eine Aussicht vom feinsten. Und dann erst der See: Ich suche hinter jedem Baum an diesem tiefblauen See einen Indianer aus den Lederstrumpf Erzählungen ...

Lake Louis – einmalige Landschaft ... Moraine Lake: Der schönste See unserer Reise ...

All diese, aber auch die noch folgenden Highlights auf unserer Reise können wir allerdings nur minutenlang, maximal aber wenige Stunden genießen: Der einzig dauerhafte Genuss ist das Fahren mit der Harley-Davidson.

In Richtung Banff benutzen wir an diesem Morgen nicht den Trans Canada Hwy No. 1, sondern fahren die schmale Nebenstrecke, den Bow Valley Parkway 1A, linksseitig des Bow River. Dagmar und Roland haben das Glück, auf dieser Nebenstraße eine Bärin mit zwei Jungen beim Überqueren der Straße zu beobachten. Sonst fuhren beide fast immer vorne weg, diesen Morgen haben sie sich jedoch hinten einsortiert und können somit ihr letztes Bärenerlebnis mitnehmen ...

Banff Spring Hotel ...Banff bedeutet nach den Tagen der Ruhe: zu viele Autos und für mich zu viele Menschen. Wir erreichen das Banff Springs Hotel am südlichen Stadtrand. Dieses ehemalige Eisenbahnhotel gehörte lange Zeit zur Canadian Pacific Railway. Der riesige graue Hotelbau stammt aus der großen Zeit der Eisenbahnpioniere, 1928 wurde der nach einem Brand zerstörte Holzbau im jetzigen Stil neu aufgebaut. Von der großen Terrasse auf der Ostseite haben wir einen sehr schönen Ausblick über den Fluss und das weite Tal ...

Zurück in der Stadt kaufen wir Ansichtskarten und Briefmarken: Unsere Freunde in Deutschland sollen auch wissen, wie gut es uns geht und wie schön es hier ist. Auf dem Rückweg nach Lake Louise benutzen wir diesmal nun den Trans Canada Hwy No. 1. Von diesem inzwischen vierspurig ausgebauten Highway hat man eine großartige Aussicht auf die Berge zu beiden Seiten ...

Wir passieren Lake Louise und bleiben dann aber auf dem Trans Canada Hwy No. 1 in Richtung Golden. Dieser Highway ist ab Lake Louise in Richtung Westen sehr gut ausgebaut, lediglich im Bereich des Kicking Horse Passes wird die Fahrbahn in den nächsten Jahren erst noch erweitert. Dies bedeutet in den Sommermonaten lange Baustellen: An den Wochenenden kann es hier zu stundenlangen Staus kommen. Es ist eben die schnellste der wenigen Ost-West Verbindungen von Alberta nach Britisch Kolumbien. Nun, wir wollen nicht stundenlang warten und fahren ganz entgegen den kanadischen Gepflogenheiten rechts an einer kilometerlangen Autokolonne vorbei - verständnislose Blicke begleiten uns auf diesem Weg!

Zwischen Banff und Lake Louis ... Einfahrt des Spiraltunnels der Canadian Pacific bei Field ... Imposant: Takakkaw Fall ...

Wenige Kilometer vor Field gibt es eine der größten Eisenbahnkehren, die sich als Tunnel im Berg nach oben windet: Dies war früher die einzige Möglichkeit, um in dem engen Tal und dem folgenden Pass den Anstieg zu meistern. Die Bahnanlage mit der Ein- und Ausfahrt aus dem Berg kann man gut von der Yoho Valley Road aus beobachten. Der Beginn der langen Züge fährt meist schon aus der Bergkehre heraus, während das Ende noch außerhalb des Berges ist - eine wahre Meisterleistung des Bahnbaus!

Wenn man auf der Yoho Valley Rod einige Kilometer nach Norden weiter fährt, kann man die 254 m hohen Takakkaw Falls besuchen - ein imposanter Doppelwasserfall erwartet den Reisenden.

Auf sehr gut ausgebauten Straßen führt unsere Route weiter bis Golden: Hier finden wir unsere in allen Belangen beste Unterkunft, das Kicking Horse Canyon B&B. Dort treffen wir Jeannie, eine liebenswerte und überaus aufmerksame Gastgeberin: Die Zimmer und das Frühstück sind vom feinsten. Nach einem guten Abendessen in der Stadt sitzen wir schließlich noch lange bei Bier und Wein in der guten Stube unserer Unterkunft ...

Tag 9, Sonntag, 18. Juli: Von Golden über Revelstoke nach Salmon Arm

 (ca. 270 km)

Nach einem exzellenten Frühstück machen wir uns auf den langen Weg nach Salmon Arm: Es wird heute ein sehr warmer Tag und in unserer Motorradkleidung werden sich einige Schweißtropfen festsaugen ...

Durch weite Bergtäler führt unser Weg zum Rogers Pass: Hier machen wir eine kurze Rast. Danach folgen wir der Straße durch eine grandiose Bergwelt bis wir Revelstoke erreichen. Im hiesigen Railway Museum gibt es eine der größten Dampflokomotiven der Canadien Pacific Railway zu bestaunen: Ein wirklicher Koloss, die CPR #5468 mit dem Namen Mikado P-2k 2-8-2. In den kühlen Räumen des Museums erholen wir uns schnell von den heute doch sehr hohen Außentemperaturen.

Nach der kleinen Stärkung in einem netten Café geht es weiter: Am Three Valley Lake legen wir schließlich eine Rast ein. Wir ruhen uns im Schatten aus, Roland und Hubert nutzen das Wasser für eine Abkühlung - sportlich die beiden!

Die Mikado P-2k 2-8-2 ... Sunny Shore Fishing Resort am White Lake ... Sonnenuntergang am White Lake, Regen über den Bergen im Osten ...

Nach der Pause rollen wir langsam hinunter zum Shuswap Lake: An dessen südwestlichem Ende liegt nun Salmon Arm vor uns. Im Tourist Office bekommen wir die Adresse eines Campgrounds am White Lake, ca. 20 km nördlich. Im Sunny Shore Fishing Resort können wir eine Blockhütte für alle sechs mieten. Das Tolle an diesem Platz ist seine Lage an einem absolut sauberen See. Roland wird später von kleinen Schildkröten erzählen, die er bei seinem morgendlichen Bad im kristallklaren Wasser gesehen hat ...

Tag 10, Montag, 19. Juli: Vom White Lake über Vernon nach Nakusp

 (ca. 360 km)

Dieser zehnte Reisetag wird ereignisreich in einer wunderbaren Landschaft: Mit richtig guten "Spaßstraßen", vielen Kurven und leider schließlich auch einem abgerutschten Schaltgestänge.

Morgens vor der Blockhütte am White Lake ...In Blind Bay, nicht weit vom Campground entfernt, tanken wir die Bikes voll. Im Supermarkt gibt es frischen Kaffee und Muffins zum "Frühstück". Vor Monte Creek biegen wir nach Süden auf den Okanagan Hwy No. 97 in Richtung Vernon ein: Die Landschaft mit wenigen Häuser oder Farmen erinnert mich an den Schwarzwald - eine tolle Motorradstraße bis Vernon!

Dieser Ort befindet sich in dem weitläufigen Okanagan Valley: Von Wein bis Zitrusfrüchten wächst hier alles. Doch dann passiert es: An Wolfgangs Harley rutscht plötzlich das Schaltgestänge von der Getriebeschaltwelle. Während wir anhalten und überlegen, wie wir das Problem beheben können, stoppt eine Frau und fragt, ob sie helfen kann. In ihrem Truck hat sie einen großen Werkzeugkoffer. Es ist allerdings nicht einfach, an dem heißen "Eisenhaufen" herum zu schrauben. Roland flucht mehrmals, findet aber schnell das Problem: Die Klemmschraube des Schalthebels ist ausgeschlagen. Notdürftig befestigt er den Hebel fürs erste und wir bedanken uns bei der netten Kanadierin ...

Wir müssen zurück nach Vernon: Am Montag haben aber zu unserem Leidwesen die Motorradwerkstätten geschlossen. In einer Kenworth Truckwerkstatt fragen wir nach, ob man uns mit Werkzeug helfen kann. Betriebsleiter und Mechaniker sind sehr hilfsbereit: Wir dürfen in den Schatten der Halle fahren und Roland beginnt den Schaden zu beheben. Nach der Reparatur wird sich dieser Hebel nicht mehr lösen und Ärger machen ...

Eigentlich hatten wir mit mehr Problemen an den Harleys gerechnet. Wir blieben aber, bis auf einen Plattfuß am letzten Tag, von weiteren Schäden verschont ...

Roland in seinem Element: Schrauben angesagt! In der Halle: Angenehmer zu schrauben ...

Der nun folgende Vernon Slocan Hwy No. 6 von Vernon nach Needles erweist sich als absolute Spitze: Kurven, Wälder, wilde Bachläufe und kleine, verschlafene Orte - eine dieser vielen "Spaßstraßen", die wir in den Rockys "erfahren" durften ...

In Needles schließlich überqueren wir mit der kostenlosen Fähre den Arrow Lake nach Fauquier an der Ostseite des Sees, die Fähre benötigt hierfür rund 20 Minuten. Von dort aus führt uns erneut eine Traumstraße in nördlicher Richtung bis zu unserem heutigen Zielort Nakusp.

Hier finden wir der Kuskanax Lodge freie Zimmer, später geht es zum Abendessen im Leland Hotelrestaurant: Von der Terrasse hat man einem endlosen Blick über den Upper Arrow Lake ...

Tag 11, Dienstag, 20. Juli: Nakusp, Kaslo und Belfour, Creston

 (ca. 240 km)

Nicht nur die heutigen, sondern eigentlich alle gefahrenen Straßen auf unserer Reise durch die kanadischen Rockys sind wie für die Harleys geschaffen: Ich kann nur sagen, fliegt über den Teich, holt euch eine Harley und lasst euch vom Gefühl leiten. Ihr findet überall gute Unterkünfte, Gasolin und Essen. Braucht man mehr auf einer Harleytour? Ja, gutes Wetter. Das müsst ihr aber schon selber "erbeten" ..!

Nachdem wir in New Denver eine kurze Rast eingelegt haben, biegen wir von der No. 6 auf die No. 31A ab und fahren hoch nach Sandon: Diese verlassene Silberminenstadt kann als einziges Freilandmuseum bezeichnet werden.

In Kaslo heißt es wieder mal abbiegen, diesmal auf den Balfour-Kaslo-Galena Bay Hwy No. 31 Richtung Süden. Von Balfour aus setzen wir mit der Fähre nach Kootenay Bay über: Auch diese Fahrt ist kostenfrei.

Slocan Lake am Morgen ... Sandon: Überbleibsel des Silberbergbaus ...

Es hat sicher damit zu tun, dass es in den kanadischen Rockys einige Seen mit mehreren hundert Kilometer Länge gibt. Da diese auch mehrere Kilometer breit sind, erweisen sich Fährverbindungen immer noch günstiger als Brücken, selbst wenn diese für die Kunden kostenfrei sind.

Die Straße von Kootenay Bay nach Süden wird uns von einheimischen Bikern als die schönste in Kanada angepriesen: Sie ist sicher schön und gut ausgebaut, aber wir haben auf dieser Reise schon schönere befahren!

Am Nachmittag machen wir in Creston Halt und suchen eine Unterkunft: Für diese Nacht mieten wir uns im Sunset Motel ein, einem einfachen aber sauberen Haus. Zum Essen geht es heute Abend ins Creston Hotel, direkt an der Canyon Street gelegen ...

Tag 12, Mittwoch, 21. Juli: Von Creston über Nelson nach Christina Lake

 (ca. 280 km)

Feine Blaubeerkuchen vom Markt in Nelson ...An diesem Tag fahren wir auf dem Crowsnest Hwy No. 3 nach Westen, hoch zum Kootenay Pass. Dort erwartet uns bei schönstem Sonnenschein ein kristallklarer Bergsee, der Bridal Lake - ideal für einen Fototermin. Bis Salmo bleiben wir auf dieser wunderschönen Straße, von dort aus geht es weiter auf dem Nelson Nelway Hwy No. 6 bis nach Nelson.

Es ist Markttag in Nelson: Hubert kauft kleine Blaubeerkuchen für alle - köstlich!

Nach einer kurzen Pause im Schatten - es ist wieder einmal sehr warm an diesem Tag - fahren wir auf dem schon bekannten Highway weiter nach Castelgar.

Abendliche Gelassenheit nach gutem Essen und einer Dose Bier ...Und weiter: Peterson Trail Hwy No. 22, ca. 15 km bis Warfield, abbiegen nach Westen, hoch nach Rossland. Im Sunshine Inn an der Hauptstraße legen wir eine kurze Rast ein, weiter geht´s am Ortsende nach Norden und später wieder auf den Crowsnest Hwy. Von Rossland bis Christina Lake genießen wir erneut kurvige Straßen in einer tollen Berg-, Wald- und Seenlandschaft ...

Wir kommen am Südende des Sees an: Schöne Zimmer erwarten uns im Christina Lake Motor Inn, Hubert erkundet die Gegend und findet einen schön gelegenen Golfclub mit Restaurant. Am Abend machen wir uns gemeinsam auf den Weg dorthin: Das Essen ist sehr gut und unbeeindruckt laufen hier die Rehe über die Grüns. Auf dem Rückweg genehmigen wir uns noch ein großes Eis.

In der Unterkunft schließlich warten dann noch einige Dosen vom kanadischen Bier auf uns - insgesamt ein gelungener Tag!


© 2011 Bernd Scholz