Am Lago d´Iseo: Do, 01.11. - So, 04.11.01

Durch Serpentinen Richtung Iseo ...Was uns heute morgen auf der Strecke erwartet, ist eine endlose Serpentinenfahrt bergab durch lang gezogene Ortschaften an der Straße in Richtung Westen: Ein Ort wie z.B. Lumezzane ist in dieser Hinsicht wirklich bemerkenswert - man zweifelt irgendwann daran, dass er noch mal aufhören wird ...

Die Ureinwohner dieser Gegend halten hier trotz entsprechender Beschilderung und enger Serpentinen wirklich nichts von ortsüblichen Geschwindigkeiten - Italien hat eben nicht nur großartige Radrennfahrer, sondern bekanntlich auch die schnellsten Rennwagen und die besten Autorennfahrer !

Wir hatten uns nach dem Gardasee (Höhe ca. 70 m) rund 300 m höher am Idrosee bewegt, und nun geht es wieder fast 200 m herunter zum Lago d´Iseo - es wird wieder mediterraner, und die Gegend bekommt wieder den "südländische Charme", den die Touristen so lieben. Der Iseosee, im Norden von Gebirgszügen umrahmt, erzeugt mit seiner Vegetation und besonders seinen kleinen Orten am Südende diese südländische Atmosphäre für den Besucher recht intensiv.

Wir fahren von Iseo aus Richtung Nordosten am See entlang, unser Ziel ist Pilzone und dort der Campingplatz Olivella (N45°40.571´ E010°04.587´). Erneut ist eine Ehrenrunde durch den Ort angesagt: Auch die Beschilderung dieses Platzes ist mehr als dürftig, um nicht zu sagen, überhaupt nicht vorhanden - lediglich ein (wie wir hinterher feststellen) benachbarter anderer Platz ist ausgeschildert. Und so machen wir dann auch einen Abstecher durch die engste Gasse des Ortes, um von dort über die Hauptstraße wieder zurück zu fahren: Die angekündigte Breite von 2 m war irgend wie ernst gemeint - nicht zu fassen ...

Meinen die das wirklich ernst?? JA!!

Uns empfängt Sandro, der Platzwart vom Olivella. Er öffnet uns das verschlossene Tor des Campingplatzes und erklärt, dass er auf uns gewartet hätte. Zwar hatten wir vorher die Campingplätze angerufen, um sicher zu gehen, dass sie wirklich noch geöffnet waren, aber damit hatten wir nicht gerechnet! Erneut ist das Olivella der einzige Platz in der Umgebung, der im November noch offen ist und wir profitieren davon: Am Seeufer gibt es keine Stellplätze für durchreisende Touristen, sondern nur für Dauercamper, dennoch lässt uns Sandro zwischen diesen einparken und wir haben es nur noch fünf Meter weit bis zum See ...

Lauschiges Plätzchen zwischen Dauercampern ... ... mit Blick hoch auf die Kirche "San Fermo" ...

Dauercamper sind bei unserer Ankunft heute keine da, wir stehen mutterseelenallein am Rande des Platzes. Sonst kommen Durchreisende auf einen gegenüber liegenden Platz, der nicht direkt am See liegt, kein Vergleich mit unserem Stellplatz mit "eigenem" Ufer! 

Sandro lässt sich den Explorer zeigen, nach Besichtigung unserer Aufkleber erzählt er davon, wie gerne auch er mal nach Island reisen würde, allerdings könne er das aber nicht, da er nur im Winter etwas Urlaub hat - der Mann ist echt zu bedauern hier an seinem See!

Einzelne der Dauercamper kommen dann doch am Wochenende wohl wegen des Traumwetters mal vorbei, sie staunen nicht schlecht über unser Fahrzeug zwischen ihren Hütten, nehmen es aber mit italienischer Gelassenheit und Freundlichkeit, die sicher bei uns in dieser Form und unter diesen Umständen kaum denkbar wäre ...

Wir entdecken noch am ersten Abend ein tolles Lokal mit Pizza-Spezialitäten (z.B. mit Walnüssen) direkt neben dem Campingplatz: Das Antico Eden, Via Cave 2, Pilzone d´Iseo, Tel. (0039)030/9822205, können wir bei einem Besuch der Umgebung nur empfehlen. Auffallend wenig Trinkgeld scheint hier gegeben zu werden, wo die Gäste an der Kasse zahlen müssen - ob da der (T)euro schon seine Schatten voraus wirft ..?!

Maulbeer- und Olivenbäume und auch den Kakibaum mit seinen leckeren Früchten gibt es hier in dieser mediterranen Umgebung, die italienische Gelassenheit ergreift ganz zwangsläufig die Explorerbesatzung - wir beschließen spontan, hier zu bleiben. Und weil das Wetter so super ist und es warm bleibt, werden es schließlich 4 Nächte, die wir auf diesem sympathischen Platz zubringen. Nachdem wir schon die Westseite des Gardasees und auch die Umgebung des Idrosees als sehr idyllisch empfunden hatten, müssen wir nun auch dem Lago d´Iseo seine Eigenschaft als "Geheimtipp" bestätigen - unser "Traumwetter" wird übrigens noch gut 3 Monate in dieser Gegend anhalten und Anfang Januar 2002 schließlich als "Alptraumwetter" empfunden werden: Wegen Regenmangels und Smog wird u.a. in der Lombardei ein Autofahrverbot verhängt werden ...

Herbstidylle: Am "eigenen" Seeufer ... ... aber Wein vom Gardasee ist hier verboten ...

Morgens haben wir angenehme 10-11°C an unserem See und wir beschließen, die Umgebung näher zu erkunden. Sandro hat uns freundlicherweise eine nagelneue topografische Wanderkarte geliehen und erklärt, wo die Sehenswürdigkeiten sind, die wir uns nicht entgehen lassen sollen. Er erzählt von Bombenabwürfen, die im zweiten Weltkrieg in dieser Gegend stattgefunden haben auf eine in der Nähe liegende Flugzeugfabrik - überhaupt erweist sich Sandro als ergiebige Informationsquelle.

Nach seinen Schilderungen ist es hier im Februar am kältesten (aber zumeist über 0°C, da ansonsten keine Olivenbäume gedeihen würden). Der See hat bis dahin die gespeicherte Wärme wieder abgegeben, danach folgt ein Frühjahr mit einer regelmäßig wochenlangen Regenzeit - eine schlechte Zeit für seine Dauercamper, die uns mittlerweile ebenfalls freundlich begrüßen, wenn wir abends am Seeufer sitzen und (heimlich!) Wein vom Gardasee trinken. Schließlich ist der hier "verboten", wie uns Sandro erklärt, denn immerhin sind wir hier ebenfalls in einem berühmten Weinbaugebiet, der "Franciacorta" - aber dazu mehr unter Exkursionen ...

Mo, 05.11.01, Rückreise ...

Tage haben wir hier mittlerweile verbracht und Sandro berechnet uns nur ca. 30,- DM pro Nacht, als wir schließlich doch aufbrechen müssen - es hat genau gereicht für ein "10-Tage-Pickerl" für Österreich, durch das wir nun wieder zurück fahren werden.

Besonders ausgeschlafen geht es heute nicht auf die Piste - es war wohl am letzten Abend keine so gute Idee gewesen, im Antico Eden noch einen Cappucino zum Sambuca zu trinken, sie stellen dort immer die ganze Flasche hin. Und das ganze natürlich nach dem guten Hauswein der Region ...

Dann 3:00 Uhr am Morgen: Glockenwach liegt man im Explorer. An das Dauerhundegebell, das von den Hängen zurück schallt -auch beteiligt dabei die 4 Hunde von Sandro- hat man sich immer noch nicht gewöhnt. Sandro macht hier scheinbar auch den Nachwächter und ist deshalb vor 11:30 Uhr morgens normalerweise nicht ansprechbar, weshalb wir uns bereits am Vorabend herzlich von ihm verabschiedet haben. Er hat uns zum Abschied noch einen wertvollen Weißwein geschenkt und will sich zumindest die Bilder im Explorer Magazin genau ansehen ...

3:30 Uhr: Alle Hunde verstummen, dafür beginnen nun alle Hähne der Umgebung (es scheinen Unmengen zu sein!) lautstark zu krähen, wieder hallt es heftig von den Höhen ...

4:00 Uhr: Es beginnen wieder die Hunde, die Hähne sind jetzt ruhig -

4:30 Uhr: Hunde und Hähne begrüßen erstmals gemeinsam den neuen Tag ...

Muss man nicht haben: So kann es hier auch mal aussehen ...Die Rückfahrt erfolgt über die Westuferstraße des Gardasees nach Norden: Über Mussolinis "gardesana", die abenteuerliche und oft enge Tunnelstrecke Richtung Riva. Viele Tunnel muss man in Kauf nehmen und nur langsames Vorankommen, und wer vor Maderno nicht aufpasst, fährt -wie bereits erwähnt- bei angeblich "allen Richtungen" direkt wieder zum Idrosee, aber bestimmt nicht Richtung Riva.

Die Westuferstraße kann schon mal, wie auf unserem Bild rechts zu sehen, durch Bergrutsche verschüttet sein - dann ist endgültig Schluss mit irgend einem Vorankommen auf dieser Seestraße. Bei uns ist die Strecke zum Glück frei, und so sind wir bereits nach wenigen Stunden wieder in Bayern angelangt - Ende einer insgesamt erholsamen "Genusstour", die zum gelungenen Saisonabschluss wurde und die ebenfalls nach "mehr" verlangt.

Die Reise in die Region wird sicher wiederholt, vielleicht ja auch in die Nachbarschaft der Lombardei - warum nicht z.B. mal zu den alten Festungen des Piemont?

Was zunächst bleibt, ist unser mitgebrachter Wein aus der Franciacorta, der "Capineto" - er hat viel von den Eindrücken in der Lombardei in sich, wenn man es wagt, beim Abendessen davon träumen und ihn zu beschreiben: 

Sicher hat unser Capineto eine gute Zeit im Barrique verbracht und ist anschließend in der Flasche gereift. Dabei haben sich delikate Noten von schwarzen Johannisbeeren sowie feine Gewürz- und Kräuternoten entwickelt. Trotz seiner Fülle sehr angenehm und unkompliziert zu trinken. Wunderschön langer Nachklang ...


© 2002 J. de Haas