Irland 1976: Die Fahrt der "Kerry 16" 

Erinnerungen an die erste Shannon-Fahrt ...


Auf dem Shannon ...

Die "Kerry 16" - ein harter Brocken für Anfänger ...Die "Kerry 16" - ein harter Brocken für Anfänger ohne Bootserfahrung: Der Geleitzug mit Beiboot, der Ende Mai 1976 in der Marina von Carrick Craft in Carrick-on-Shannon, Co. Leitrim, auf uns wartet, ist weit länger als 12 Meter ...

Ein Bootstraining beim Vermieter folgt - das Handling bis zum "Drehen auf der Stelle" will geübt sein!

Die Prospekte hatten für die erforderliche Einstimmung gesorgt: "Ein Nachweis über Bootspraxis oder gar ein Führerschein ist keineswegs erforderlich. Dennoch ist beim Fahren Aufmerksamkeit geboten, denn das verfügbare Kartenmaterial ist nicht immer perfekt und die Navigationszeichen oftmals weit voneinander entfernt. Dabei ist ebenso auf felsige Untiefen wie auf plötzliche Witterungsumstürze zu achten, besonders wenn die großen Seen überquert werden sollen.

In Irland herrscht, bedingt durch die Einwirkung des Golfstroms, ein mildes Klima, Frost ist sogar unbekannt. Dies sind Gründe, warum trotz des Regens, mit dem während des Urlaubs auf der "grünen Insel" immer zu rechnen ist, Bootsurlaub von Anfang April bis Ende Oktober empfohlen werden kann. Besonders geeignet sind neben der Hochsommerzeit die Monate Mai und Juni wegen der langen Tage und der größten Sonneneinstrahlung, aber auch der September, wegen seiner verhältnismäßig konstanten Witterung und die Monate April und Mai zusätzlich wegen der besonders guten Angelmöglichkeiten."

Die "Kerry 16" in Lanesborough ...So sollte es also diesmal sein, statt Mietwagen auf den Shannon. Auch über den wussten die damaligen Prospekte genug: "Irlands größter Fluß durchquert die "grüne Insel" von Nord nach Süd. Er ist auf einer Länge von 210 km plus Nebenfluß Boyle River (auf 20 km) schiffbar. Er hat nur eine geringe Strömung, und es gibt insgesamt nur 6 Schleusen (geöffnet von ca. 9:00 Uhr bis Sonnenuntergang). Außerdem sind kleine Nebenflüsse, einige der abzweigenden Kanäle und die 16 Seen, die der Shannon durchfließt, mit dem Boot befahrbar.

Trotz der Einsamkeit, die den Fluß und seine Umgebung auszeichnet, gibt es Dörfer und kleine Städte mit Einkaufsmöglichkeiten, Tankstellen, Anlegeplätze; Golf, Tennis und Reiten; entlang den Ufern Sehenswürdigkeiten für Historiker, Botaniker, Ornithologen und Archäologen. Als Navigationsanleitung dient das Kartenwerk "Shannon-Guide" mit 32 Karten und Beschreibungen in englischer Sprache (an Bord vorhanden).

Aber auch deutschsprachige Hinweise und Anleitungen, das "Kaptäns Handbuch" über die Bootsfahrt, werden mitgeliefert. Angeln auf Nichtsalmoniden ist überall kostenlos und verspricht besonders im April bis Juni und Oktober gute Ausbeute."  


Die Fahrt beginnt

Los geht´s nach der Einweisung am frühen Morgen: Von Carrick-on-Shannon aus Richtung Süden - nur weg von den Bootsmassen in der Marina des Vermieters! Die Nerven spielen noch mit, als wir krachend ablegen - natürlich nimmt man noch das ein oder andere Hindernis auf dem Weg hinaus aus der Marina, aber dann verschwindet der Ort und der Fluss gehört den mutigen Eroberern! 

Über Jamestown, wo man allein und ungestört (wichtig!) anlegen kann, geht es weiter nach Rooskey, wo nur angelegt wird. Weitere Übernachtungen folgen auf der Strecke nach Süden in Termonbarry und Lanesborough, wo unser obiges Bild an der Anlegestelle entsteht ...

Wenige Minuten vor dem Auflaufen im Lough Ree ... Die Fahrt der "Kerry 16": Erster Teil ...

Kurz nach dem Auslaufen aus Lanesborough und der Einfahrt in den Lough Ree passiert es dann: Der Kaptitän der "Kerry 16" und Autor dieses Beitrags macht im Feldstecher die nächste Boje aus, die aber in Wirklichkeit die übernächste ist. Zusätzliche Tücke: Erst in den folgenden Jahren wird diese Stelle im Shannon-Guide entsprechend markiert - auf dem nun folgenden geraden Weg zur übernächsten Boje läuft die "Kerry 16" direkt durch gefährliche Untiefen ...

Der verantwortliche Kapitän und Navigator (damals garantiert noch ohne GPS!) ist gerade unter Deck und hat das Steuer übergeben, als es unter dem Rumpf zu knirschen beginnt: Das Boot läuft zum Entsetzen der Besatzung soeben auf einer Sandbank auf, von der es kein Entkommen mehr gibt.

Aufgelaufen ... boat stuck at Villa Rathcline ...

Im Laufe der folgenden Stunden wird die "Kerry 16" durch den starken Westwind immer weiter aufgetrieben. Eine dramatische Fahrt mit dem Ruderboot und ein langer Lauf zum nächsten Telefon folgt (siehe obige Originalnotiz des Hausbesitzers vom Rathcline House Lanesborough zur telefonischen Positionsangabe: "boat stuck at .. Villa Rathcline").

Nach stundenlangem Warten auf Helfer kommen diese dann auch mit einem Boot aus Carrick-on-Shannon: Weit draußen stoppt die Hilfsmannschaft, um nicht dasselbe Schicksal zu erleiden wie wir.

Was dann folgt, ist ein aufwändiges, mehrstündiges Manöver: Mit Ruderboot wird ein Abschleppseil zu unserem Kreuzer gefahren, der dann Meter für Meter wieder ins offene Wasser zurück gezogen wird - Schraube und Schraubenwelle müssen bei den gesamten Schiffsbewegungen dieses Tages allerdings dran glauben ...

Notdürftig wird der eigene Kreuzer wieder flott gemacht - mit lärmender, klopfender und beschädigter Schraube und Schraubenwelle können wir immerhin noch Schleichfahrt zurück machen ...

Die Fahrt mit der beschädigten "Kerry 16" führt im Schleichtempo von Lanesborough wieder nördlich nach Termonbarry, wo es auf weitere Anweisungen und die Mechaniker zu warten gilt - immerhin wissen wir schon eines: Wir müssen von dort aus für eine Reparatur ins Trockendock nach Cloondara! Das Warten wird verkürzt durch eine andere Kerry-Besatzung aus Hamburg, die uns Gesellschaft leistet - wir werden die 3 Besatzungsmitglieder in den nächsten Tagen noch häufiger treffen und außer dem heutigen auch den einen oder anderen feucht-fröhlichen Abend mit ihnen verbringen ..!

Warten in Termonbarry - gemeinsam mit einer Hamburger Kerry-Crew ... 


© 2001 J. de Haas