Kreta 2012

Schwerpunkt: Hinterlassenschaften - Schlacht um Kreta


Aus: "Seemacht" v. E.B.Potter, Ch.W.Nimitz, J.Rohwer, Kapitel 31: Der Kampf um das Mittelmeer 1940-1942, Der Verlust von Griechenland und Kreta

Ju-52 nach Bruchlandung auf Kreta ..."Wenn auch die Engländer aus Griechenland vertrieben waren, so waren sie doch entschlossen, in Kreta zu bleiben. Seine strategisch beherrschende Lage im Mittelmeer ließ das Kriegskabinett den Entschluss fassen, es unter allen Umständen zu halten.

Eine große Zahl der von Griechenland evakuierten Truppen, insbesondere Neuseeländer unter Generalleutnant Freyberg, wurde nach Kreta gebracht, um die dortigen Inselverteidigungsanlagen zu verstärken.

Der Verlust der Ersatzteile erzwang jedoch eine Rückverlegung der Flugzeuge nach Ägypten, so daß die Luftsicherung der Insel der Flottenluftwaffe überlassen blieb. Andererseits lag Kreta in der Reichweite der neu errichteten deutschen Flugplätze in Griechenland und eines italienischen Flugplatzes auf Scarpanto in 45-60 Meilen Entfernung.

Am Morgen des 20. Mai begann der erwartete deutsche Angriff. Den Hauptangriff führten die im XI. Fliegerkorps zusammengefaßten Luftlandetruppen (etwa 16 000 Mann der 7. Fallschirm-Division und der 5. Gebirgs-Division), die in 502 Ju-52-Transportern und etwa 100 Lastenseglern transportiert wurden. ... Gegen Ende des Tages waren etwa 5000 Fallschirmjäger der 7. Fallschirm-Division gelandet, und das Flugfeld Maleme, wenn auch noch unter britischem Artilleriefeuer, war in deutscher Hand."

So wie oben beschrieben begann also die Operation "Merkur", die im Mai 1941 in verlustreichen Kämpfen zur Eroberung Kretas durch deutsche Truppen führte. Bereits seit Jahrtausenden hatte die strategisch wichtige Lage der Insel im Mittelmeer dazu geführt, dass sie immer wieder zum Angriffsziel wurde - diesmal auch zu dem der Deutschen Wehrmacht. In den drei Angriffsgruppen "Maleme (Komet)", "Chania-Suda-Rhetymnon (Mars)" und "Heraklion (Orion)" erfolgte die erste Angriffswelle. Die vom Explorer Team im Oktober 2012 besuchte Region sowie die deutsche Kriegsgräberstätte befindet sich im Bereich der Angriffsgruppe Maleme auf der Westseite der Insel (Bild unten, grüne Kennzeichnung) ...

Deutsche Angriffswelle auf Kreta ...


Hügel 107: Erfrischungen und britisches Flakgeschütz ... Aptera: keine Erfrischungen und ehemalige deutsche MG-Stellung ...

Man kann den Besuch bei der Gedenkstätte Maleme mit einer Rundfahrt auf der Westseite der Insel verbinden, wobei man in Chania startet, das ebenfalls ein geeigneter Ort für eine Euro-Tour ist. Bei der Rundfahrt nach Südwesten kann man auch unterschiedlichste Touristenattraktionen wie z.B. den angeblich ältesten Olivenbaum der Welt besuchen beim Dorf Ano Vouves oder etwa die atemberaubende Topolia-Schlucht.

Westküsten-Ausblicke ...Man kann aber schließlich ganz einfach auch wieder Richtung Norden an der Westküste entlang fahren, wo sich ständig neue faszinierende An- und Ausblicke ergeben.

Wieder auf der E65 angekommen, erblickt man nach kurzer Fahrt zurück nach Osten wieder die Bucht von Chania und erreicht schließlich Maleme, wo man rechts von der Hauptstraße zur Gedenkstätte abbiegt.

Auffallend an der Ecke des Geländes ist das Schild mit der "107", das auf die einst umkämpfte "Höhe 107" hinweist. Das hier gelegene Lokal mit Cafe Bar verfügt über eine "Privatausstellung Kriegsausstellung", worauf ein weiteres Schild am Eingang hinweist. Bevor man auch die Sammlung im Inneren der Bar betrachtet, kann man draußen auf der Terrasse einen "Ice Espresso" oder anderes zu sich nehmen und im Schatten eines britischen Flakgeschützes verweilen, das hier immer noch in Richtung der ehemaligen Feinde droht, die den einstigen britischen Flugplatz einnehmen wollten.

Private Militärausstellung am Hügel 107 ... Kanistersammlung ... Nur noch eingeschränkt einsatzbereit: Militärjeep ...
Fässer mit garantiert deutscher Aufschrift ... Ju 52 Reste ... Original Einschusslöcher ..? Eine britische Flak hat überdauert ...

Wenn man sich so gestärkt nun zur Gedenkstätte aufmacht, erwartet den Besucher zunächst ein Info-Center, in dem auf etlichen Tafeln viele traurige Geschichten zu lesen sind:

"Der Kampf um die Insel und die Besatzung Kretas forderten also einen hohen Preis auf deutscher wie alliierter Seite. Neben den Gefallenen auf der Insel gab es noch weitere Tote bei den Seegefechten vor Kreta. Die Verluste auf alliierter Seite werden auf etwa 3500 Gefallene geschätzt, genaue Zahlen lassen sich für die Toten auf beiden Seiten nicht ermitteln. Auf der Kriegsgräberstätte Maleme ruhen die geborgenen Gebeine von 4465 deutschen Gefallenen dieser Kämpfe sowie auf den Gemeindefriedhöfen der Insel die griechischen Opfer."

Eingang Kriegsgräberstätte Maleme ...Im Jahr 1971 wurden die Gebeine der gefallenen deutschen Soldaten aus einem "Zwischenlager" hierhin umgebettet, die Einweihung dieser endgültigen Gedenkstätte fand im Oktober 1974 statt.

Ebenfalls zu sehen sind hier die Gedenktafeln für 344 auf der Insel Gefallene, deren Gebeine nicht geborgen werden konnten. Wir stoßen auch auf eine Fahne der Kriegsgräberfürsorge des Österreichischen Schwarzen Kreuzes, die "Den Toten der Kriege" gewidmet ist - und die damit schlagartig in Erinnerung ruft, dass es zu dieser Zeit keine "Österreicher" gab, sondern nur "Deutsche" ...

Maleme, der einzige deutsche Friedhof auf Kreta, liegt auf einem terrassenförmigen Hang, der das Gelände stabilisieren soll. Um die Wasserversorgung und Abschwemmgefahr während der regenreichen Wintermonate in den Griff zu bekommen, wurden heimische Pflanzen angesiedelt und 600 Ölbäume gepflanzt.

Plattenwege führen bis direkt an die Gräber, die Grabsteine beherbergen jeweils zwei namentlich genannte Gefallene und deren Daten. Ebenfalls hier beerdigt sind Deutsche, die noch bis zur Räumung der Insel ums Leben kamen, darunter auch der 1947 nach einem Prozess in Griechenland hingerichtete ehemalige Oberkommandierende der deutschen Streitkräfte zwischen 1942 und 1944. Ein 8 Meter hohes schmiedeeisernes Hochkreuz macht den Platz bereits von weitem sichtbar ...

Die Tafeln berichten auch über persönliche Schicksale:

"Am 20. Mai morgens kurz nach dem Wecken ging es in die Maschinen. Die Stimmung war großartig. Es wurde gesungen und gelacht noch als wir über Kreta waren und die Flakeinschläge in die Maschine rasselten ... Jürgen Rothert gehörte zum III. Luftlandesturmregiment, das mitten in nicht erkannte Stellungen sprang. Er fiel; mit ihm mehr als die Hälfte des Bataillons."

Tragödien wie z.B. die von drei Brüdern werden ebenfalls erwähnt, die am selben Tag ihres Absprungs ums Leben kamen - einer von ihnen landet direkt inmitten von britischen Panzern.

Auch die deutsche Boxlegende Max Schmeling gehört zu den Fallschirmjägern, die am 20./21. Mai 1941 über Kreta abspringen: Bei seiner harten Landung auf steinigem Boden verletzt er sich allerdings so schwer, dass er an den weiteren Kämpfen nicht mehr beteiligt ist. U.a. durch diese für ihn glückliche Fügung überlebt Max Schmeling schließlich den Zweiten Weltkrieg ...

Terrassenanlage mit Friedhof ... Ein Grab für jeweils zwei Gefallene ... Großartige Aussicht  ...
Österreicher waren auch dabei ... Tafeln im Info-Center ... Auch Max Schmeling war dabei ... Gedenktafel auch für nicht geborgene Gefallene ...

Auch andere Hinterlassenschaften kann man während eines Kurzbesuches auf Kreta im westlichen Teil der Insel von Chania aus besuchen: Sehenswert ist die rund 15 km östlich des Ortes liegende archäologische Ausgrabungsstätte Aptera, die sich auf einer bereits seit der Antike besiedelten Hochfläche oberhalb der Soudabucht befindet. Auch die Römer waren hier lange Zeit dominierend, ebenso findet sich etwas unterhalb der Ausgrabungsstätte ein sehenswertes türkisches Kastell.

Römische Bäder samt einer größeren Zisterne gehören zum hier zu findenden Ruinenfeld, das Überreste aus der mehrtausendjährigen kretischen Geschichte enthält. Die Reste deutscher MG-Stellungen des Zweiten Weltkriegs sind ebenfalls hier zu finden und "harmonisch" in die Geschichte integriert worden: Die deutsche Besatzungszeit wird hier auf Tafeln ("Period of german occupation") historisch ganz einfach genau so aufgeführt wie die von Römern, Türken und anderen Okkupanten.

Ein Blick hinunter in die Bucht vom türkischen Kastell aus offenbart ein beeindruckendes Panorama, das auch moderne Militärgeschichte zeigt: Unten angelegte Marineschiffe fallen ins Auge, auch befindet sich auf der anderen Seite der Bucht eine Nato-Raketenabschussbasis und am Fuß des Berges das ebenfalls von Türken Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Fort Izzedin.

Der Blick hinunter von Aptera und in die Ferne zeigt, warum diese Region von derart strategischer Bedeutung war und ist, so dass sich hier wohl auch noch für lange Zeit ein "Sammelplatz" von Hinterlassenschaften diverser Herrschaftsperioden und ihrer militärischen Ambitionen befinden wird ...

Türkisches Kastell bei Aptera ... Römische Zisterne ... Beeindruckendes Ruinenfeld ...
Aptera: Ehemalige deutsche MG-Stellung ... Ebenfalls ordnungsgemäß registriert ... Geschichtsschreibung: Römische Okkupanten ... ... neben ehemaligen deutschen Okkupanten ...

© 2013 Explorer Magazin, Bild oben Ju 52: Bundesarchiv, Bild 101I-166-0512-39 / Weixel / CC-BY-SA