Mein Nachbar und ich ...   

von Karsten Franke (XYLON)


Kennen sie eigentlich meinen Nachbarn? Furchtbarer Typ, kann ich Ihnen sagen. Ist so eine Mischung aus Rechthaber und Choleriker. Tja, und natürlich ist er auch sehr empfindlich, was Antennenwälder in den Gärten und auf den Hausdächern des Nachbarn angeht ...

Gut, ich gebe zu, durch die kürzlich in Betrieb genommene 3 kW-Endstufe hat er jetzt halt zeitweise keinen Fernsehempfang mehr. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die angeschlossene 6 m-Yagi auch noch direkt in sein Schlafzimmer strahlt. Gut -  soll ja nicht so gesund sein. Aber was ist da schon zu verderben? Eigentlich sollte er sich ja freuen, schließlich brennen seine Glühbirnen nun auch ohne Strom.

Tolle Sache, wirklich. Auf der Straße ist es genauso: Immer wenn ich sende, ist alles hell erleuchtet! Gehe ich von der Sendetaste, wird alles wieder dunkel. Irgendwann kam er dann auch auf die Idee, den Prüf- und Messdienst zu rufen. Ohh, das waren Experten! Die haben gesagt, sie kommen mit Strahlenschutzanzügen wieder, sind sie aber nicht.

Mein Nachbar - ganz nah ...Ein weiteres Phänomen, bei mir landen dauernd Flugzeuge im Garten und auch in dem vom Nachbarn. Irgendwann ist er dann auch total ausgerastet, als ich ihm vorschlug, alles Gefundene zu kompostieren und damit die Rosenbeete zu düngen. Er sagte mir, dass sämtliche Rosenbeete durch den Flieger zerstört seien und deshalb ein Dünger nicht mehr notwendig wäre. Weil ich offensichtlich Schuld an dem Absturz war, half ich ihm dann auch den Vogel zu zerlegen und auf die Straße zu schaffen. Zum Glück war zwei Tage später Sperrmüllabfuhr - die haben vielleicht geguckt!

Danach war eigentlich wieder alles in Ordnung. Bis der Tag kam, an dem seine Frau ein Kind bekam und er ein Babyphone installierte: Das konnte ich auf keinen Fall dulden. Schnell war der das Gerät geortet. Da ich keine andere Lösung fand, erhöhte ich ganz spontan die Spannung im Nachbarhaus um das 10fache. Dass dabei alle anderen Geräte auch kaputt gingen, war nicht zu vermeiden. Daraufhin bekam der Kerl Rachegelüste. Er fing an, wahllos mit einem MG in meinen Antennenwald zu schießen ...

Ich konterte mit einem 100 kW Richtfunksignal bei 20 GHz. Als er dann 4 Wochen später die Strahlenklinik verließ, hatte ich meinen Antennenwald bis auf sein Grundstück ausgedehnt. Was ihn daran störte, versteh ich bis heute noch nicht. Meine Geduld war endgültig vorbei, als er anfing, mit der Astschere meine Kabel durchzutrennen. In der darauffolgenden Nacht legte ich dann einen Minengürtel um den gesamten Antennenwald. Als er am nächsten Morgen aus dem Haus ging - Buummm!!

Dieser Kerl ist wirklich zäh: Zwei Wochen später wurde er schon wieder entlassen. Ich dachte eigentlich, dass er durch die zahlreichen Verbände etwas eingeschränkt wäre. War er auch. Leider schaffte er es aber noch, ein Minenräumkommando zu bestellen, das meine ganze Arbeit wieder zunichte machte. Als sie aber auch noch anfingen, meine Antennen abzubauen, war meine Geduld endgültig vorbei: Ich schickte auf die Antennenkabel mal eben 20.000 V und so war auch dieses Problem erledigt. Mein Keller war mittlerweile randvoll mit meinen ehemaligen Gegnern. Ich musste irgendeine Lösung finden und beschloss, den Keller des Nachbarn als Deponie umzubauen ...

Irgendwie hatte er was dagegen. Ich hatte aber einige schlagkräftige Argumente - als er wieder zu sich kam, teilte er mir mit, er werde nun endgültig die Polizei rufen. Die sagten ihm, sie hätten wirklich Wichtigeres zu tun, als kleine Nachbarschaftskonflikte zu lösen. Kurz darauf beschlossen wir trotz allem, endlich Frieden zu schließen. Dabei legten wir die folgenden Bedingungen fest: Ich darf meinen Antennenwald beliebig ausbauen, auch auf seinem Grundstück. Er erklärt sich dafür bereit, die Opfer unseres Konfliktes in seinem Keller dauerhaft zu deponieren. Der Verlust seines Hausgartens wird durch einen Schrebergarten ausgeglichen. Daran beteilige ich mich mit 50 DM im Monat. Außerdem willigt er nun ein, dass er nur auf dem Weg zur Arbeit und zurück Rundfunkempfang hat und ansonsten eben nur mich hören kann.

Wie man sieht, muss man sich mit dem Nachbar nur mal intensiv beschäftigen und schon findet man eine Lösung zu allen Problemen - Liebe zum Nachbarn ist eben geben und nehmen!


© 1999 Karsten Franke