Auf dem Dach des Tres Islas ...

Warum gibt es hier nur sehr schlechte Luftaufnahmen ..?Mitten in der unter Naturschutz stehenden Dünenlandschaft erhob sich das beste Hotel der Insel. ... Es war noch zu Francos Zeiten gebaut worden. Ein hässlicher, sandfarben angepinselter Betonklotz (S. 14).

Schon seit Jahren ist uns das Hotel Tres Islas bekannt, schließlich haben wir schon all zu oft in der benachbarten Appartementanlage des Oliva Beach logiert. Bei der Vorbereitung unserer Spurensuche hatten wir sehr intensiv die bereits erwähnten Satellitenbilder studiert (Bild rechts): Im Gegensatz zu El Cotillo, wo die Unterkunft des verfolgten Max Maifeld bis ins Detail zu erkennen ist, gilt merkwürdigerweise für den Dunstkreis rund um das fragliche Hotel dasselbe wie für den Hafen von Corralejo, wo die Guarda Civil lauert.

Nahezu keine Details sind nämlich auf der Luftaufnahme zu erkennen. Und das von der "Kette" für ihre finsteren Machenschaften ausgewählte Tres Islas ist ebenfalls nicht aus der Luft aufzuklären: Nur ein winziges Oval am Strand ist auf dem Bild erkennbar - wie tief steckt eigentlich Google mitsamt Google Earth in der Sache mit drin ..?

Nun, wir verzichten dann eben auf eine Luftaufklärung und kommen stattdessen völlig überraschend an einem ganz normalen Tag auf dem Landweg zum Hotel: Niemand kann ahnen, was wir heute vorhaben und wie üblich sind wir nicht auf geradem Weg hierher gefahren, sondern über möglichst viele Pisten und Nebenstraßen.

So stehen wir schließlich vor dem Riu Palace Tres Islas und sind entschlossen, uns gerade hier wieder einmal in keinem Fall von der Spurensuche abbringen zu lassen und aufzuklären, was aufgeklärt werden muss.

Wir betreten das Hotel und stürmen durch die Lobby in Richtung Aufzug - in der hoch erhobenen Hand und deutlich sichtbar ein Exemplar unseres Buches. Spätestens jetzt, so das Kalkül, wird sich jemand verraten, der unser Exemplar der "Kette" sieht und um die dunklen Zusammenhänge rund um dieses Hotel weiß - er wird sich verraten, ob er will oder nicht, es wird uns zumindest keine Regung entgehen ...

Im Mittelpunkt: Das Riu Palace Tres Islas ...

Wir erreichen den Aufzug, niemand stellt sich uns in den Weg, der möglicherweise verhindern will, dass wir hier mehr aufdecken als bekannt werden soll. Kaum haben wir den Aufzug betreten, kommen allerdings einige Personen angelaufen, die sich zu uns in die Kabine drängen - sind das wirklich Touristen? Und in der Tat: Als unser Exemplar der "Kette" deutlich sichtbar so anhoben wird, so dass es jeder im Aufzug sehen muss, erkennen wir in diesem Moment eine Reaktion: Mindestens zwei der Personen im Aufzug starren ungläubig auf das Buch - was genau wissen die?

Das Gespräch verstummt, und bereits im nächsten Stock verlassen diese "Touristen" den Aufzug wieder - wir wundern uns nicht über das leise Murmeln, das noch im Herausgehen zu hören ist ...

"Sechste Etage", antwortete Max. "Sechste Etage? Die Zimmer gehen nur bis zur fünften Etage", stellte der Mann mit dem unverkennbar nordrheinischen Singsang des Düsseldorfers fest. "... Was ist denn da oben?" "Da ist ein Fitnessstudio." ... "Ja, ein Fitnessstudio, und eine Sauna, und eine dazugehörige schöne Dachterrasse." ... Die sechste Etage war ein Penthouse, das der Architekt auf den Schnittpunkt der beidem in einem Winkel von 90 Grad zueinander stehenden Flügel des Hotelkomplexes gesetzt hatte. Außer dem kleinen, aber bestens ausgestatteten Studio und der Sauna beherbergte es den Maschinenraum der Aufzuganlage sowie ein winziges Appartement. Dort oben wohnte und arbeitete Hurl (S. 114-115).

Wir bleiben im Aufzug, schließlich müssen wir noch nach ganz oben. Wieder sind wir erstaunt über die Exaktheit der Ortsbeschreibung in der "Kette": Tatsächlich hat unser Aufzug nur Knöpfe, die bis zum fünften Stock reichen (siehe Bild unten links), offenbar soll hier keinerlei Hinweis auf ein weiteres Stockwerk gegeben werden, von dessen Existenz wir mittlerweile vollständig überzeugt sind ...

Im Aufzug vom Tres Islas: In der Tat nur 5 Stockwerke? ... doch dann ein erster Hinweis auf die Sauna ...

Wir steigen aus im fünften Stock und sagen laut "Fitness" dabei - eine der vielen dienstbaren Geister, die genau in diesem Moment in der Nähe tätig sind, ruft zu uns herüber: "Da drüben, oben!"

Erstaunt sind wir schon über diese überraschende Offenheit, aber wir folgen dem Hinweis gern: Und in der Tat finden wir am Ende des Ganges zunächst ein Schild, das auf eine Sauna und ein Fitnesszentrum in einem weiteren Stockwerk hinweist und dann gleich einige weitere, die dasselbe anzeigen (Bilder oben rechts und unten links) - es gibt den 6. Stock also tatsächlich!

Es geht die Treppe hoch und wir stehen vor der Eingangstür des Fitnesszentrums im 6. Stock des Tres Islas - wieder einmal hat die "Kette" durch ihre Details überzeugt ...

Tatsächlich: Ein Fitnessstudio im sechsten Stockwerk! Der "echte" Hurl ..?!

Im Vorraum des Fitnesszentrum finden wir einen freundlichen Mitarbeiter, dem wir gleich unser Exemplar der "Kette" zeigen und erklären, dass wir hier Nachforschungen zu diesem Buch anstellen und gerne einige Fotos vom Dach des Hotels machen würden. Der Mann, der offensichtlich der "wahre" Hurl dieses Studios ist, wirft nur einen auffallend kurzen Blick auf das Buch und wir sind fast schon gar nicht mehr erstaunt, als er uns sofort zur Seite zieht: Für derartige Fotos müsse man normalerweise die Genehmigung der Direktion einholen und die würde sich dann an Madrid wenden - all das würde wohl dauern. Aber dort drüben könnten wir auf das Dach gehen und ein paar Fotos machen, wenn wir wollten ...

Wieder ein Anlass zum Aufhorchen: Erneut hören wir heute von Madrid - nicht nur an das "Jubiläum" anlässlich des Putschversuches der Guarda Civil denken wir in diesem Zusammenhang, sondern insbesondere auch an das Schicksal von Max Maifeld in der "Kette": Auch er reiste nach Madrid und musste dort die auffälligen Verfolger der Guarda Civil abschütteln, die ihn seit seiner Abreise von Fuerte verfolgten. Nun also wieder einmal dieses Madrid!

Wir bedanken uns bei "Hurl" und fragen ihn, ob wir ein Foto von ihm machen dürfen. Wir wundern uns, als er zustimmt: Ein mutiger Mann, dieser "Hurl", wir hoffen, er weiß was er tut und wir hoffen auch, dass er keine Schwierigkeiten bekommt - immerhin scheint er von der "Kette" zu wissen, wie sein wissender Blick auf unser Buch beweist - Good luck to you, Hurl!

Recht zügig begeben wir uns auf das Dach des Tres Islas durch die offene Tür, die er uns zeigt: Das Dach vor dem Penthouse im sechsten Stock entspricht wieder einmal genau der Beschreibung in unserem Buch: Fast schon fassungslos stehen wir draußen auf dem weiten Areal und schauen hinüber bis zur Insel Lobos ...

Blick bis nach Lobos: Auf dem Dach des Tres Islas ...

Das Fitnessstudio im Penthouse: Der sechste Stock ist Realität ..!

Max hetzte den jaulenden R4 durch die Malpais-Felder hinab in Richtung Corralejo. Das Tres Islas. ... Sie hatten irgendetwas mit dem Tres Islas vor. ... Hinter der nächsten Kurve war die Fahrt zu Ende. Stau. Zuckende Blaulichter. Grün-weiß lackierte Jeeps mit dem Fascis-Wappen. Panzerwagen der Fremdenlegion. Gardisten in grünen Uniformen und Legionäre in khakifarbenen Kampfanzügen, die Maschinenpistolen im Anschlag. Die Guarda Civil hatte die Küstenstraße komplett gesperrt. In der Ferne sah er das einsam in den Dünen gelegene sechsstöckige Hotelgebäude. Eine Rauchsäule stieg vom Dach auf (S. 455-456). ...

Blick von oben auf das weite Areal ...Der Pool sechs Stockwerke unter ihm war wie ausgestorben.
Die Gäste waren nun offenbar alle beim Abendessen (S. 124).

Unser Blick von hier oben ist durch nichts verstellt: Noch nie in all den Jahren auf Fuerte hatten wir auf dem Dach des Tres Islas gestanden und von hier aus in die Tiefe geschaut. Genau wie im Buch beschrieben sehen wir tief unter uns den Pool und ebenso wie im Buch ist derzeit dort unten fast niemand zu sehen (Bild rechts anklicken).

In diesem Moment sind wir nicht sicher, ob das wirklich nur am miserablen Wetter liegt, das sich hier schon seit Wochen austobt - aber auch dieses ist für kanarische Verhältnisse eigentlich ein Phänomen, wie es schon seit Jahren in diesen frühen Wochen eines Februars üblich ist.

Und an diesem recht bedeckten Februartag, an dem wir hier draußen auf dem Dach stehen, müssen wir erneut an das dramatische Geschehen denken, das sich in der "Kette" genau an dieser Stelle abspielt - man kann sich in dem Moment kaum vorstellen, vor allem nach den vollständig mit der Realität übereinstimmenden Details, dass diese Geschichte nicht in jeder Hinsicht der Wahrheit entsprechen soll ...

Zum Beispiel mit der Beschaffung zweier Kampfhubschrauber vom Typ AH-64 Apache. Hersteller: McDonnell Douglas, inzwischen von Boeing geschluckt. Hauptabnehmer waren gewöhnlich die US-Streitkräfte, was für die Qualität der Ware sprach. Lewandowski hatte alles fein säuberlich vermerkt, was ihm wichtig erschien: Maximales Startgewicht: 10 107 kg; Leergewicht: 5 352 kg. Länge: 17 Meter. Hauptrotor-Durchmesser: 14,36 Meter. Höchstgeschwindigkeit: 360 Stundenkilometer. Dauergeschwindigkeit: 293 Stundenkilometer. Reichweite mit einer Tankfüllung: 407 Kilometer. Bewaffnung: variabel; in diesem Fall automatische Maschinengewehre mit 30-mm-Explosiv-Geschossen, 625 Schuss pro Minute, außerdem Fernlenkraketen vom Typ Hellfire Missiles. Im ersten Golfkrieg 270 gegnerische Panzer zerstört. Absolut wüstentauglich, keine Probleme mit Landung auf Sand! (S. 118-119).

Die beiden Kampfhubschrauber setzten soeben zur Landung auf dem Dach an, gegen den Wind, am Ende des Nordflügels ... Wie gefährliche, auf gigantische Größe mutierte Insekten schwebten die beiden Apache-Hubschrauber noch einen Meter über dem Dach und suchten nach der richtigen Position zwischen den zahllosen Belüftungsschächten, die wie Kamine aus dem Fachdach ragten (S. 453) ...

Ein Apache-Hubschrauber auf dem Dach vom Tres Islas ..? ... kein Problem beim Rückgriff auf den Modellkeller!

Hurl ging nach hinten und trat einmal kräftig gegen den Heckrotor. Die beiden gefesselten Piloten stöhnten auf. Sie wussten, was das Geräusch zu bedeuten hatte. Dann nahm Hurl sich das Heck des zweiten Hubschraubers vor. So einfach waren tödliche Hightech-Waffen mitunter auszuschalten und in einen nutzlosen Haufen Schrott zu verwandeln. Die Unwucht in den Heckrotoren sorgte dafür, dass die Apache-Hubschrauber nur noch im Kreis fliegen konnten (S. 459).

Das  spannende Geschehen auf dem Dach des Tres Islas haben wir seitdem mehrfach nachgestellt - mit Hilfe unseres Modellkellers, in dem sich selbstverständlich auch ein Apache-Hubschrauber im Maßstab 1:144 befindet, wirklich kein Problem.

Und erneut sind wir erstaunt, als wir alles überprüfen: Ein Apache könnte hier oben sicher landen, und auch und vor allem hätten sie zu suchen nach der richtigen Position zwischen den "zahllosen Belüftungsschächten, die wie Kamine aus dem Fachdach ragten" ...

Rasch verabschieden wir uns von "Hurl", dem mutigen Mann aus dem 6. Stock und wir verzichten darauf, ihn nach der Landung von Apache-Hubschraubern auf dem Dach seines Hotels zu fragen - möglicherweise wäre er damit schließlich doch noch überfordert gewesen. Und schließlich soll dieser freundliche Mann auch nicht alles wissen, was wir hier herausgefunden haben, falls ihn "die" aus Madrid irgend wann einmal befragen sollten ...


© Text/Bilder 2006 J. de Haas