Mittwoch, 10.09.08: Stürmische Zeiten ...

Die Wettervorhersage verfinstert sich deutlich, und auch der Wind wird heute sicherlich auffrischen, wie ein paar Balken am "Fuzzi" anzeigen. Dennoch steht nun ein großer Rundgang auf dem Programm: Die wilde Küste und die raue Umgebung laden zum ausführlichen Spaziergang ein und auch den Hafen wollen wir heute einmal erkunden.

Über den schon vertrauten zugewachsenen Pfad finden wir nach ausgiebigem Frühstück auch heute wieder den Weg hinein nach Lanildut. Die auffallende Kirche am Ortseingang ist natürlich ebenso ein "Muss" wie die nähere Umgebung, die wir heute unsicher machen wollen ...

Ebbe ... ... im Hafen von Lanildut ...
Einsame Kirche ... ... und jede Menge Schicksale auf dem Dorffriedhof ...

Unser Gang zum Hafen führt vorbei an unzähligen großen wie kleinen Segelbooten, die hier zum Verkauf stehen, an einem großen Laden für Segelbedarf und sonstiges, der aber natürlich (nur heute?) geschlossen zu sein scheint bis hin zu einem weiteren Restaurant, das wir am Hafen entdeckt haben. Und das Restaurant L´Abri Côtier scheint ein Volltreffer zu sein: Auf die Frage nach einer Tischreservierung für den heutigen Abend kommt tatsächlich keine Erklärung, warum das gerade heute unmöglich ist, sondern wir werden - kaum zu glauben - vorgemerkt: Der heutige Tag scheint unser Glückstag zu werden!

Der weitere Spaziergang führt entlang der Küste vorbei an wilden Felsformationen wie der "Sphinx" und zu einem Aussichtspunkt, wo mit Schild und Kanone an eine ebenso wilde Vergangenheit erinnert wird: Die "Batterie de L´Aber-Ildut" ist diesmal allerdings keine Reminiszenz an den Zweiten Weltkrieg, sondern an länger zurück liegende Zeiten. Die Batterie stammt aus dem 18. Jahrhundert und zeugt vom langen Kampf der Franzosen gegen die Engländer. Angelegt zur Küstenverteidigung am L´Aber-Ildut wurden hier seinerzeit drei Kanonen mit einem Gewicht von je 1,5 Tonnen aufgestellt, die 12-Pfünder rund 2,5 km weit verschießen und damit den Zugang zum L´Aber-Ildut und den dortigen Hafen verteidigen konnten ...

Raue Atlantikküste ...

Auch hier kriegerische Vergangenheit ... Kanonen gegen Engeland ...

Küstenimpressionen ...

Zurück am Campingplatz treffen wir die deutsche Goldschmiedin Karin Holfelder, die in der Bretagne lebt und heute hier einen Spaziergang macht. Wir unterhalten uns mit ihr und nach Rückkehr von der Reise werden wir ihre Mail vorfinden:

vor zwei tagen haben wir uns auf dem campingplatz von lanildut gesehen (ich drehe da öfter eine runde mit mann und hund), und als ich das deutsche fahrzeug gesehen habe, da konnte ich einfach nicht widerstehen, und mußte sie ansprechen. heimweh ist es nicht, die franzosen sagen eher nostalgie... ja jedenfalls hat mir ihr auto und was sie so machen gut gefallen, ich selbst habe lang in lappland und nordnorwegen gelebt und kenne island auch sehr gut ... jetzt lebe ich seit neun jahren hier in der bretagne, evtl. schauen sie sich ja meine homepage mal an, da sehen sie, was ich so mache.

viele grüße und schöne abenteuer, karin holfelder

Der Abend sieht uns schließlich im Restaurant: Das Essen im L´Abri Côtier ist hervorragend, die Austern sind ein Genuss und auch die tolle abendlich erleuchtete Atmosphäre in diesem weitläufigen Lokal am Hafen ist großartig. Eine Seglercrew aus Großbritannien trifft im Laufe des Abends ein und die Männer genießen ebenfalls das Ambiente und ihr "After Landing Beer".

Beseelt vom hervorragenden Wein machen wir uns spät Abends auf den Fußweg zurück zum Camp. Starke Windböen lasen uns ahnen, dass auch heute einiges auf uns zuzukommen scheint. Ein Blick auf den "Fuzzi" im Explorer bestätigt schließlich die schlimmsten Befürchtungen: Mittlerweile werden wieder die geliebten 4 Balken und der zusätzliche Windsack angezeigt, erneut scheint ein Orkan mit Windstärke 11 oder ähnliches bevorzustehen.

Sturmtour ..?Eine schnelle Entscheidung folgt: Wieder heißt es "Deckel zu" beim Explorer und nun wollen wir etwas anderes ausprobieren, da der nächtliche Komfort im geschlossenen Explorer doch vielleicht zu wünschen übrig lässt ...

Wir bauen die Seitenwände des Vorzeltes vom OZtent ab und rollen auch seine Markise ein, die Sturmabspannungen stehen bereits. Wir wollen die Nacht hier drin verbringen, das Zelt steht mit der schrägen Rückseite zur Windrichtung und zur Hecke, die etwas Schutz bieten sollte.

Die folgende Sturmnacht erfüllt unsere Erwartungen voll und ganz: Orkanböen zerren immer wieder am Zelt und draußen hören wir den Sturm über den verlassenen Platz heulen. Ob die Chaoten, die ganz in der Nähe ihr zerfetztes Zelt zurück gelassen haben, wohl in einer solchen Nacht geflohen sind ..?

Noch hält sich unser OZtent großartig, kein Tropfen dringt ins Innere, während draußen die Regengüsse herunter prasseln und der Sturm Geäst über den Platz fegt. Diese Reise erweist sich endgültig als "Sturmtour", hatten wir die Wettergötter mit unserem einstigen Zelttest etwa wirklich auf dumme Gedanken gebracht ..?


© 2009 J. de Haas