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Schwerpunkt Hinterlassenschaften - U-Boot-Stützpunkte an den Küsten


Wieder einmal schauen wir hier auf die Aktivitäten, bei denen es um Seemacht ging, die gewährleisten sollte, dass die strategischen Vorhaben der deutschen Führung auch umgesetzt werden konnten. Kommen wir auch diesmal auf das Buch zurück, das wir bereits in Hinblick auf die Geschehnisse in Norwegen und um Island zitiert haben.

Aus: "Seemacht" v. E.B.Potter, Ch.W.Nimitz, J.Rohwer, Kapitel 29: Der U-Boot-Krieg: Die Schlacht im Atlantik (1939-1945), Die zweite Phase: Die Offensive vor dem Nordkanal von den französischen Häfen

"... das Frühjahr 1940 sollte die wesentlichen Grundlagen für den folgenden Triumph von Dönitz im Atlantik legen. Die Gewinnung der gesamten norwegischen Küstenlinie und die anschließende Eroberung der Kanalküste und Frankreichs gaben Hitler die Möglichkeiten, sich auf Großbritanniens maritime Flanken zu stürzen. Während in Norwegen beschränktere U-Boot-Basen eingerichtet wurden, kümmerte sich Dönitz persönlich um die Schaffung verbunkerter und befestigter U-Boot-Basen an der französischen Atlantikküste in Brest, Lorient, St. Nazaire, La Rochelle und Bordeaux. Der Besitz dieser französischen Basen bedeutete eine Verminderung der An- und Abmarschzeiten der U-Boote in ihre Operationsgebiete um mehr als 50%.

Deutsche U-Boot-Basen in der Biscaya ... Wachablösung am Bunker der Festungsfront ...

Zu Englands Unglück war die Royal Air Force über dem Kanal so beschäftigt, daß sie nicht in der Lage war, den Bau der Betonbunker in den Biscaya-Häfen zu stören. Auch wurde die Bedeutung dieser Ziele von der Führung des Bomber Command zunächst nicht richtig eingeschätzt, mit dem Ergebnis, daß sie bald bis zu einem Punkt verstärkt worden waren, an dem sie praktisch unverwundbar wurden. Ende Juli 1940 begann auch die Verwendung von Einheiten der deutschen Luftwaffe die strategische Wirksamkeit der französischen Basen zu verstärken."


Wir hätten uns nun auf den Fußweg machen können vom Camping Du Goulet aus im südwestlichen Stadtteil Sainte Anne du Portzic von Brest, wo wir uns aufhalten, und dabei am Militärhafen entlang in Richtung Innenstadt gehen. Doch wir beschließen stattdessen, unsere Erkundung in Richtung Vergangenheit umgekehrt anzugehen: Nach einer Busfahrt in die Innenstadt wollen wir unsere Besichtigungstour zu Fuß zurück zum Camp machen.

Das erste, was heute bei Annäherung an den Militärhafen von Brest auffällt, wenn man den Fußweg oberhalb der Marinebasis Richtung Westen benutzt: Die gewaltige U-Boot-Bunkeranlage deutschen Ursprungs im Hintergrund und ein berühmtes Schiffswrack am Außenpier. Nur auf den ersten Blick erscheint die Clemenceau (R 98) recht klein, wie sie dort Anfang September 2008 liegt - eigentlich hatte man sich das Schiff größer vorgestellt ...

Asbestverseuchtes Relikt: Flugzeugträger Clemenceau ...

Noch vorhanden: 100 mm-Geschütze am Heck ... Abgewrackt: Besichtigung nicht mehr möglich ...

Der über 260 Meter lange Flugzeugträger wurde im Jahre 1961 in Brest in Dienst gestellt - gemeinsam mit dem Schwesterschiff Foch spielte er eine wesentliche Rolle bei der französischen Marine bis hinein in die 90er Jahre. Monatelang irrte der einstige Stolz der Flotte zuletzt schließlich zwischen Frankreich und Indien umher, da die geplante Verschrottung im weltgrößten Schiffsfriedhof in Westindien aufgrund von Umweltschutzargumenten scheiterte. 

Im Jahre 2006 schließlich kehrte die Clemenceau nach einer Irrfahrt von rund 18.000 Kilometern zurück in ihren alten Militärhafen: Im Gegensatz zur American Star, die auf ihrer Schleppfahrt rund um Afrika in die Gegenrichtung scheiterte, wurde der Flugzeugträger erfolgreich rund um das Kap der Guten Hoffnung geschleppt und zurück nach Brest gebracht. Dort sollte das asbestbelastete Schiff erneut untersucht und nach einem entsprechenden Gutachten bis zum Jahr 2008 über die endgültige Entsorgung entschieden werden. Bis zum Herbst 2008 stand die Entscheidung des zuständigen Obersten Gerichtshofs von Großbritannien noch aus bezüglich einer mittlerweile geplanten Abwrackung in England.

Wir gehen weiter Richtung U-Boot-Bunker: Zahlreiche andere Schiffe der französischen Marine liegen ebenfalls hier im Hafen. Neben Fregatten, deren Geschütze in unsere Richtung weisen, fällt ein weißes Schiff mit zahlreichen Radarantennen auf: Von Eingeweihten liebevoll als "Königin der Bahnsteige" bezeichnet, verbringt dieses Spezialschiff, das zur Steuerung und Kontrolle ballistischer Raketen dient, einen großen Teil des Jahres hier an seinem Liegeplatz im Hafen von Brest ...

Schussbereite Fregatten ... ... und hübsche Ausstellungsstücke: Marinebasis Brest ...

Die "Königin der Bahnsteige" ..?

Am östlichen Eingang des Militärhafens hätten wir an einer Führung teilnehmen können: Die Marinebasis Brest bietet derzeit als einzige solches für zivile Besucher an. Die Führung ist für Angehörige von Nato- und EU-Staaten ohne Voranmeldung möglich, für Besucher aus anderen Staaten jedoch ist eine vorherige Anmeldung notwendig. Da die Besichtigungszeiten allerdings für uns recht ungünstig liegen, außerdem Kameras nicht erlaubt sind und auch keine Besichtigung der Clemenceau oder des noch genutzten U-Boot-Bunkers ermöglicht wird, verzichten wir aber auf einen Besuch in der Basis und gehen weiter vor zum U-Boot-Bunker.  

Hier erwartet uns eine bald siebzigjährige militärische Geschichte: Brest wurde im Juni 1940 von der deutschen Wehrmacht besetzt, die Instandsetzung des zum Teil zerstörten Hafens wurde unmittelbar danach in Angriff genommen. Wie auch Lorient besaß Brest zu dieser Zeit ein großes Marinearsenal, das von der deutschen Marine übernommen werden konnte. Bereits zwei Monate später lief das erste deutsche U-Boot zur Überholung in den Hafen ein und ein knappes Jahr später wurde in Brest die erste U-Flottille aufgestellt.

Schon Anfang 1941 hatte die bereits erwähnte Organisation Todt, eine nach militärischem Vorbild organisierte Bautruppe, mit dem Bau eines U-Boot-Bunkers im Hafen von Brest begonnen. Mit zuletzt 10 Trockendocks und fünf Nassboxen konnte die rund 330 Meter breite, 190 Meter lange und 17 Meter hohe Anlage 20 Booten Schutz bieten. In den 11 Meter breiten Trockendocks konnte jeweils ein U-Boot untergebracht werden, in den Nassboxen bis zu drei Booten.

Ab Mitte 1942 konnten alle Bunkerplätze genutzt werden und Brest beherbergte nun zwei U-Flottillen mit den Bootstypen VII C und D, ab und zu wurden hier jedoch auch japanische Boote überholt. Die geplante Erweiterung des Bunkers fiel schließlich der Invasion in der Normandie im Jahr 1944 zum Opfer ... 

Bunker auf beiden Straßenseiten ... Deckenverstärkungen erkennbar ...
Seitliche Beobachtungsbunker ... Posieren am Abflussrohr der vierziger Jahre ...
Gewaltige Anlage ... Gut erkennbar: "Fangroste" auf der Bunkerdecke ...

Von 1943 an wurde die Bunkerdecke auf bis über 6 Meter Dicke verstärkt. Allerdings konnte die Deckenverstärkung bis 1944 nicht mehr fertig gestellt werden, ebenso wie die "Fangroste". Bei diesen handelt es sich um fast 4 Meter hohe Auflagen, die über den Querrippen angebracht sind. Aufschlagende Bomben sollten durch diese Konstruktion zur Verminderung von Trefferschäden oberhalb der eigentlichen Bunkerdecke zur Explosion gebracht werden. Es gab zusätzlich drei Flaktürme auf dem Bunkerdach zur Abwehr von Luftangriffen.

Im Bunkeranbau war neben der Heizungsanlage auch die Verwaltung untergebracht, der Bunkereingang selbst konnte mit tonnenschweren Stahltüren verschlossen werden. Im Bunker wurde eine Schmalspurbahn zum Transport von Material, Munition und Torpedos verwendet.

Ab August 1944 griff die Royal Air Force den Brester Bunker an, wobei so genannte Tallboy-Bomben eingesetzt wurden. Durch diese über 5 Tonnen schwere Bomben konnten einige Volltreffer auf dem Bunker erzielt sowie Löcher in die Bunkerdecke gerissen werden. Im Herbst des Jahres wurde der Bunker schließlich nach vorhergehender Belagerung und heftigen Kämpfen von US-Truppen eingenommen. Das letzte U-Boot hatte zuvor die Anlage in Richtung Bergen in Norwegen verlassen.

Der U-Boot-Bunker von Brest selbst wurde von den Alliierten weitgehend unzerstört eingenommen und von der französischen Marine unverzüglich weiter benutzt.

Blick auf Fangroste ... ... und Deckenverstärkungen ... Umbauten erfolgt: Ursprünglicher Anbau fehlt ...
U-Boot-Bunker Brest: 330 Meter breit, 190 Meter lang und 17 Meter hoch ... Sichtbar außen rechts: Betonierte Flakstellung über der Einfahrt ...

Wir schauen uns das Areal ausführlich von außen an, soweit das außerhalb des militärischen Areals jenseits des Zauns möglich ist. Gut zu erkennen sind die Deckenverstärkungen auf dem Bunkerdach, und die auffälligen Fangroste über dem Bau. Einige Umbauarbeiten am Bunker haben die äußere Erscheinung des Bauwerks in den letzten Jahren in gewissem Umfang verändert. Immer noch erkennbar dagegen ist über der Einfahrt zur Nassbox die betonierte Flakstellung (am rechten Rand, Bild rechts in der zweiten Reihe).

Beeindruckt von diesen weiteren Hinterlassenschaften und Zeugen des Zweiten Weltkriegs machen wir uns zu Fuß auf den Weg zurück in unser Camp - man erreicht es so schneller als auf dem Hinweg die Innenstadt mit dem Bus ...


© 2009 J. de Haas


Nachtrag, 03.02.2009: Auszug aus einer AFP-Meldung ...

"Der ehemalige französische Flugzeugträger "Clemenceau" ist zu seiner letzten Fahrt aufgebrochen. Der asbestverseuchte Rumpf der "Clemenceau" wurde aus dem nordwestfranzösischen Militärhafen Brest geschleppt und soll nun in Großbritannien abgewrackt werden. Es wird mindestens vier Tage dauern, bis der 266 Meter lange Schiffskörper die Stadt Hartlepool im Nordosten von Großbritannien erreicht.

Acht Schlepper zogen den verrosteten Rumpf der "Clemenceau" am Vormittag aus dem Hafen von Brest. Außerhalb des Militärgebietes nahm ein Hochseeschlepper den Schiffskörper in Empfang, um ihn über den Ärmelkanal und die Nordsee nach Hartlepool zu bringen.

Die französische Armee wartet seit Jahren darauf, den Rumpf des Flugzeugträgers endlich verschrotten zu können. Am Montag hatte ein französisches Gericht eine britische Umweltschutzgruppe abgewiesen, die den Transport nach Hartlepool erneut verhindern wollte."