Das Leiden der Platanen ...

Die traurige Geschichte beginnt wie so viele andere im Zweiten Weltkrieg: Im Jahre 1945 schleppen GIs mit hölzernen Munitionskisten unbemerkt einen Pilz nach Frankreich. Dieser Pilz mit dem Namen Ceratocystis platani stammt vermutlich aus dem Südosten der USA und bedeutet für manche Platanenarten den sicheren Tod ...

Die Platanen am Canal du Midi: Schattenspender ... .. und Kulturdenkmal

Eine dieser Platanenarten wächst am Canal du Midi: Rund 42.000 Bäume spendeten jahrhundertelang Schatten und gaben dem Kanal in seinen flacheren Bereichen das so typische Aussehen.

Im Jahr 2006 wurden die ersten infizierten Bäume entdeckt und die auch "Platanenkrebs" oder "Platanenwelke" genannte Krankheit breitete sich rasend schnell aus, innerhalb von einem Jahr verdoppelte sich die Anzahl der kranken Bäume. Eine Behandlung gibt es nicht, denn der Pilz ist unglaublich resistent gegen Chemikalien, biologische Wirkstoffe, Temperaturschwankungen usw.

Übertragen wird der Pilz nun auch durch die Bootsfahrer: Die Wurzeln der Platanen ragen fast wir Pfötchen ins Wasser. Werden Boote dort festgemacht und ein kranker Baum an den Wurzeln verletzt, geraten die Pilzsporen ins Wasser und befallen die Wurzeln der gesunden Bäume.

Derart befallene Platanen sterben binnen zwei bis fünf Jahren ab: Zunächst wehrt sich der Baum, indem er selbst versucht, in den befallenen Bereichen die Saftzirkulation zu blockieren, um den Pilz an der Ausbreitung zu behindern. Trotzdem breitet sich der Pilz dann weiter aus über das Mark und produziert Giftstoffe, die sich verbreiten und die oberen Bereiche des Baums schädigen. Letzendlich verdorrt der Baum.

Wurzeln versorgen den Baum mit Wasser und erinnern an Pfötchen ... Ein trauriger Anblick: kranke Bäume am Ufer ...
... zum Tode verurteilt ... ... das Leichentuch  ...

Seit 1996 ist der Canal du Midi Weltkulturerbe der UNESCO und man wollte auf keinen Fall der UNSCO einen Vorwand bieten, dieses gigantische Wasserbauwerk wieder zu degradieren.

Es wurde eine drastische Fällaktion angeordnet: In 50 Metern Umkreis von kranken Bäumen werden auch die gesunden Bäume gefällt, damit sich die Krankheit etwas langsamer ausbreitet. Bis zum Jahr 2014 wurden ca. 10.000 Platanen gefällt.

Fährt man entlang des Kanals, kann man alle Phasen der Aktion beobachten: Zunächst versucht man kranke Bäume so früh wie möglich zu identifizieren, dann werden diese markiert mit einem Kreuz oder der Bezeichnung "CS". Es ist sehr traurig, bei der Fahrt über den Kanal die vielen zum Tode verurteilten markierten Bäume zu sehen ...

Dann wird ein "Leichentuch" ausgebreitet, damit bei der Fällaktion der Boden nicht kontaminiert wird. Von weitem hört man schon die Sägen, mit denen die Bäume stückweise zerlegt und schließlich in Booten verladen werden.

An Sammelplätzen werden die Überreste zunächst gelagert, wieder mit weißer Folie abgedeckt ...

Fällen ... ... entsorgen ...
... zwischenlagern und verbrennen ... ... und was bleibt ist Leere ...

Ist die Fällaktion in einem Bereich beendet, ziehen Rauchschwaden über den Kanal, denn nur das Verbrennen hier am Ort verhindert, dass der Pilz in andere Regionen weitergetragen wird.

Kein schöner Anblick für jemanden, der Bäume liebt, aber alle paar Kilometer stehen Tafeln am Ufer, die wieder Mut machen sollen. Denn die Bäume werden durch resistente Platanen und andere Baumsorten ersetzt. Es gibt bereits etliche Uferabschnitte, wo die jungen Bäume angepflanzt sind.

Ca. 3.000 Euro müssen aufgebracht werden, um einen einzigen Baum zu ersetzen. Der Staat, aber auch die Bootsvermieter beteiligen sich daran, jedoch ist die Aktion auch angewiesen auf Spenden. Es wird noch Jahrzehnte dauern, bis die Ufer am Canal du Midi wieder aufgeforstet sind.

Hoffen wir, dass es gelingt ..!

Neue Hoffnung durch Aufforstung ...


Nachtrag März ´16: noch einmal vor Ort ...

Der Kanal und seine historischen Geheimnisse haben uns später nicht losgelassen: Auf den Spuren Pierre-Paul Riquets wollten wir uns im Folgejahr die Technik rund um den Kanalzufluss bei Naurouze näher ansehen - und zwar ganz ohne Boot. Und das ist uns auch im Rahmen ausführlicher Wanderungen gelungen:


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