Buchvorstellung: "Phantastische Ruinen"

Verfallene Schlösser und Herrensítze in Irland


Wie sehr hat sich Irland doch in den letzten 20 Jahren verändert! Weit entfernt von der Kitschpostkartenidylle, die heute noch an die Touris verkauft wird, hat sich die Insel zu einem "Vorteilsstandort" in Euroland entwickelt. Das Bild, das einen Bauer mit Kuh und dem Text "Rush Hour in ... " zeigt, ist wirklich nur noch eine Erinnerung an eine Zeit, wie sie etwa noch in Bölls "Irischem Tagebuch" beschworen wird.

Schlß Hackett bei Headford, Grafschaft GalwayAuch wenn man es bei sporadischen Kurzbesuchen wie z.B. Irland 99 noch nicht so merkt - die Idylle, die auch noch in den siebziger Jahren z.B. bei Touren auf dem Shannon zu spüren war, ist heute nur noch Erinnerung ...

Immer noch zu finden sind in Irland allerdings unverändert die verfallenen Ruinen von Schlössern und Burgen - trotz allem noch weitaus häufiger, als man solche andernorts heutzutage finden kann - aber wie lange noch? 

Solche Gedanken gehen einem durch den Kopf, wenn einem heute ein 20 Jahre altes Buch in die Hände fällt, das in wunderbarer Weise die Stimmung um diese Gebäude eingefangen hat.

Das Geheimnis, das diese Ruinen umgibt, wird durch die Art der Fotografie besonders betont: Monochrom-schwarzweiß sind sie, der Verzicht auf Farbe unterstreicht auf gelungene Art und Weise die Stimmung und Atmosphäre jener vergangenen Tage - das Buch ist nicht nur deshalb ein Muss für jeden Irland-Fan ...

"Phantastische Ruinen" von Simon Marsden (Fotos) und Duncan McLaren (Text) aus dem DuMont Verlag, Köln (ISBN 3-7701-1290-3) liegt uns in einer frühen Auflage vor, die deutsche Ausgabe von 1981 erschien seinerzeit ein Jahr nach der englischen Originalausgabe.

Schloß Moydrum bei Athlone, Grafschaft Westmeath

Eine Einstimmung in das Buch liefert die Eingangspassage vom Fotografen, der in Lincoln, England, geboren wurde und seit 1969 fotografierte. Seine Bilder waren auf mehreren Ausstellungen in London und New York zu sehen, wie uns der Bucheinband verrät.   

Tyrone House, Clarinbridge, Grafschaft Galway"Folgt man den Ruinen der alten Herrensitze, entdeckt man verwitterte Eingangstore. Sie sind verlassen, gesichtslose Steine, zurückgelassen um Wache zu stehen. Hinter verrosteten Toren erscheint eine fast endlose Straße, ausgefahren, von Grün überwuchert ... Schattenhaft tauchen Stallungen auf, ihre Boxen leer, ihre Wappen abgebröckelt. Die große Uhr über dem Torbogen zeigte einst genau die Tageszeit an. Jenseits der Nebengebäude liegen weite Gärten, von Mauern umgeben, mit fest geschlossenen Eichentoren ..." (Simon Marsden).

Duncan McLaren wurde ebenfalls in England geboren und war zum Zeitpunkt des Erscheinens von "Phantastische Ruinen" einer der Direktoren des Auktionshauses Sotheby. Wie er Textautor des Buches wurde, verrät uns ebenfalls der Einband:

"Duncan McLaren, der Irland 1959 zum ersten Mal besuchte, war fasziniert von den Ruinen, auf die er bei seinen Reisen überall traf. Er begann sich für ihre Geschichte zu interessieren, stieß jedoch bei den meisten Iren auf Gleichgültigkeit. Es war schwierig für ihn, irgendwelche Informationen zu erhalten. Aber der tragische Reiz der Relikte aus vergangenen Tagen ließ ihn nicht los, und so versuchte er, diesen Ruinen ihr Geheimnis zu entlocken. Er verwebt in seinem Text Geschichte und Überlieferung mit Geschichten, die den Leser in die Vergangenheit einer privilegierten Welt führen. 

Die Fotos von Simon Marsden zeigen verfallene Schlösser und Herrensitze, einst prächtige Landhäuser und eine Klosterruine. Seine geheimnisvollen, romantischen Fotos stellen diese Ruinen in einer Aura von Einsamkeit und magischer Unwirklichkeit dar und rufen so den Zauber irischer Legenden wach."

Schloß Dromore, Pallaskenry, Grafschaft Limerick Schloß Dunboy bei Castletownberehaven, Grafschaft Cork

Ein ahnungsvoller Blick in die Zukunft dieser irischen Relikte soll ebenfalls noch erwähnt werden, die irgendwie an unsere einleitenden Bemerkungen anknüpfen:

"Hier also einige Ruinen und ihre Geschichte. Ihre Vergangenheit zeigte sie im Glanz einer privilegierten Klasse, ihre Zukunft gehört vielleicht den Baggern, den Restauratoren - oder nur der Gleichgültigkeit." ...

Schloß Wilton bei Enniscorthy, Grafschaft Wexford
"Man erzählt, daß eine alte Dame im Schloßturm verbrannte, lange bevor Rebellen 
das Schloß von Captain Alcock anzündeten. Er starb vier Jahre nach dem Brand und 
hinterließ vier Töchter, die mit dem Problem dieses Erbes fertig werden mußten. 
Heute bewohnen Tiere die die ausgebrannten, einst glanzvollen Räume."

Schloß Wilton bei Enniscorthy, Grafschaft Wexford. Erbaut im 19. Jahrhundert, 
1923 während des Bürgerkriegs abgebrannt


© Bilder Simon Marsden,  Text Buchauszüge Duncan McLaren, DuMont Verlag 1981