Die Entwicklung einer Leidenschaft -

Über die Anfänge eines "Wohnmobils" ...


Irgendwann, gegen Ende des Studiums, begann der Traum vom Nachfolger der "Rostlaube", die mit Draht und Kunstfaserspachtel am Leben erhalten wurde. Ein Geländewagen sollte es sein, robust, zuverlässig, mit einem Hauch von Abenteuer versehen und nicht zu alt, damit die ewige Schrauberei aufhörte, dann möglichst stark, um einen Wohnwagen anhängen zu können, denn an ein Wohn- oder gar Expeditionsmobil war schon aus finanziellen Gründen nicht zu denken ... >Auf einer der zahllosen Ausstellungen stand er dann: Ein Pickup - kein echter Geländewagen, aber preislich im grünen Bereich und mit ein wenig gutem Willen durchaus alltagstauglich. Daraus müsste doch was zu machen sein; mit einem Hardtop wird daraus zwar noch kein Wohnmobil, aber man erreicht immerhin die Wohnqualität eines fahrenden Tunnelzeltes bei durchaus zufriedenstellenden Geländeeigenschaften, die auch das "Abtauchen" zu reizvollen, weil einsamen und abgelegenen Stellplätzen ermöglichen.

Mit dem Nissan in Syrien ...Das Basisfahrzeug war, damals noch mangels Alternativen, schnell klar: Nissan MD 21.

Aber welches Hardtop sollte es sein? Durch eine kleine, eher bescheidene Anzeige stieß ich dann auf die Firma Aero-Plast. Vor dem Hintergrund des Nissan-Zubehörkatalogs überzeugte der Preis sofort und die Qualität wie Ausstattung machten nach näherer Beschäftigung endgültig klar: Das ist es.

Nach Montage des Hardtops in Haßfurt begannen dann diverse Eigenleistungen. Mit Silikon wurden innen Dachlatten angebracht als Montageträger für die Gardinenstangen, eine Leuchte wurde installiert und schließlich zwei Truhen aus Tischlerplatten und Dachlatten zusammengeschraubt, die das Gepäck aufnehmen und mittels Doppeldeckel als Liegefläche dienten. Gaskocher mit 5 kg Flasche und Absorberkühlschrank rein, Wasserkanister daneben, auf den Dachgepäckträger eine Solardusche, fertig und los durch - damals noch - Jugoslawien nach Griechenland ...

Es wurde eine traumhafte Tour und ich machte viele Erfahrungen hinsichtlich der Ausstattung. Als erstes lösten sich die Sitz/Gepäcktruhen nach der Rückkehr auf. Das Prinzip war zwar o.k., aber sämtliche Schrauben waren ausgerissen und die Winkel verbogen.

Also wurde das Holzinnenleben durch geschweißtes Vierkantrohr ersetzt, was nicht nur höhere Stabilität, sondern auch mehr Staufläche brachte, da erheblich geringere Materialstärken erforderlich waren.

Weiterhin wurde der Absorberkühlschrank durch eine Kompressorkühlbox ersetzt. Aus Sicherheitsgründen sowie aus Gründen der besseren Verfügbarkeit, die auch das Mitschleppen größerer Vorräte in unhandlichen Gasflaschen entbehrlich machte, wurde der Gaskocher gegen einen Coleman Benzinkocher ausgetauscht. Die Gardinenstangen wurden durch Klettband ersetzt und das Hardtop um zwei Benzinkanister aufgerüstet. So ging es dann in die Türkei.

Während der zweiten Tour durch dieses faszinierende Land wurde ich dann mit der Tatsache konfrontiert, dass künftige Reisen nicht mehr zu zweit, sondern zu dritt angetreten würden ...

Wieder erfolgte eine Phase intensiven Nachdenkens.

  • Weiter mit dem Hardtop reisen? Machbar ja, aber doch ziemlich eng für den Kleinen und auch die Großen, die - inzwischen ziemlich verweichlicht - etwas Komfort ebenfalls nicht mehr kategorisch ablehnten.
  • Künftig Hotel oder Pension bzw. Pauschalurlaub ? Nie!
  • Umsteigen auf Steilwandzelt oder Wohnwagen? Nur im äußersten Notfall!

Unter diesen Prämissen blieb einzig der Umstieg auf eine Wohnkabine übrig.

Da das Fahrzeug weiterhin geländetauglich bleiben sollte, stellte sich - insbesondere bei der schwachen Motorleistung des Nissan - im Grunde keine ernsthafte Alternative zur Hubdachkabine Explorer. Nur gewisse Modifikationen zur "Serie" sollte er haben.

Wir wollten immer noch kein Gas und keine feste Küche, da Kochen draußen immer noch am schönsten erschien. Auch eine feste Spüle sollte nicht eingerichtet werden, Spülen und Waschen in Ortlieb-Schüsseln, mittels Tauchpumpe aus Kanistern gefüllt, klappt sehr gut und kann ebenfalls oft draußen geschehen. Statt einer Chemietoilette tut es, wenn nötig, weiterhin der Klappspaten plus Feuerzeug (fürs Papier). Dafür sollte statt einer Sitzbank eine Schrankreihe eingebaut werden und als weitere Sitzfläche im Mittelgang ein GfK-Container dienen.

Ein weiterer Umbau wurde am Basisfahrzeug fällig. Hinter den Sitzen wurde auf 30 cm Höhe eine Alu-Riffelblech Platte auf ein Gestell aus 15 mm Vierkantrohr geschraubt, welches seinerseits in die serienmäßigen Gewinde der Sicherheitsgurte geschraubt wurde. Auf dieser Riffelblechplatte wurden Kühlbox und Kindersitz befestigt.

Dieses traumhafte Luxusfahrzeug wurde dann auf dem Peloponnes ausgiebig getestet, bevor es noch im gleichen Jahr nach Syrien gesteuert wurde, wo es sich ebenfalls bestens bewährte.

Inzwischen machte das Längenwachstum unseres Sohnes, der zuletzt die Kühlbox mit den Füßen öffnen konnte, einen Wechsel des Basisfahrzeuges erforderlich.

Ein Doppelkabiner mußte her.

Nach den guten Erfahrungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit galt der erste Gedanke natürlich dem Nissan, zumal ich noch glaubte, das Zubehör wie Rammschutz, Heckschiebefenster und Stoßstangenverlängerung übernehmen zu können, was sich jedoch als Irrtum herausstellte.

Bei einem der vielen Telefonate mit der Firma Aero-Plast, deren Chef und Mitarbeiter neben fachlicher Kompetenz eine erstaunliche Geduld bewiesen, wurde ich auf den Mitsubishi L200 hingewiesen, der zum einen über eine größere Ladefläche und zum anderen über ein erheblich größeres Drehmoment verfügte. Als Zusatzargument für meine Finanzministerin kam der günstigere Preis hinzu ...

Als problematisch stellte sich jedoch die Anpassung des Explorers heraus. Die Ladefläche war zwar insgesamt breiter als die des Nissan, zwischen den Radkästen war der lichte Raum jedoch 1 cm geringer. Ebenfalls war die Ladeluke 2 cm zu schmal. Weiterhin war das Führerhaus, gemessen ab Ladefläche, höher.

Die Ladeluke war schnell angepasst, es mussten lediglich die Schließbleche rechts und links abgeschnitten werden. Vor dem Einschneiden der Radkästen hatte ich schon größere Hemmungen. Diese Schwierigkeit sollte sich jedoch von selbst lösen.

Um den Aufsatz auf eine vernünftige Höhe zu bringen, die ihn auch bei einer Verwindung nicht auf das Führerhaus schlagen lässt, wurde er auf einen 5 cm hohen Stahlrahmen gesetzt und durch diesen mit dem Auto verschraubt. Da die Radkästen nicht gerade nach oben gehen , sondern leicht nach außen geneigt sind, war der Abstand auf dieser Höhe ausreichend und der Aufsatz konnte "saugend" aufgeschoben werden.

Zwar ist er hinten nicht so gefällig nach oben gezogen, sondern steht schnöde 30 cm über, dafür können wir diesen Platz entsprechend besser nutzen. Statt einer Klapptreppe stellen wir einen Tritthocker vor die Klappe, die im Gegenzug einen höheren Luftdurchsatz (allerdings auch Mückendurchsatz) ermöglicht als die schmale Türe.

Dem Fahrzeug gönnten wir noch einen Satz Luftfedern sowie verstellbare Stoßdämpfer und stellten es dann in einen Container. Die Containertauglichkeit des Explorer ist ein weiterer geldwerter Vorteil dieses Aufbaus. Per Schiff ging es nach Walvis Bay, von wo wir insgesamt 18.000 km über Piste unterschiedlichen Härtegrades durch Namibia, Botsuana und Simbabwe fuhren, ohne dass sich nennenswerte Probleme mit Fahrzeug oder Aufbau gezeigt hätten. Lediglich unser Rammschutz, den wir aus Kostengesichtspunkten nicht bei Aero-Plast erstanden haben, hat sich nach einer Woche durch die Vibrationen verabschiedet ...

Der Explorer auf dem L200 ...

Nach der Tour habe ich lediglich die bis dahin mit inzwischen teilweise ausgerissenen Spax-Schrauben verschraubten Schränke wieder mit Sikaflex und Blindnieten befestigt. Weiterhin habe ich die Wasserkanister durch einen in Namibia sehr günstig erstandenen, für den L200 maßgeschneiderten V2A Wassertank (Fa. Off Road Centre, Bernd Kebbel, Bell Str. 6 in Windhoek) unterflur ersetzt und eine Solaranlage montiert. Mit der ebenfalls montierten Standheizung (Diesel, betankt durch einen der außen hängenden Kanister) bietet der Explorer inzwischen ausreichenden Komfort, ohne dass überflüssiger Schnickschnack die Zuverlässigkeit beeinträchtigt.

Zwar stoßen wir mit einer Besatzung von inzwischen 4 Personen jetzt so langsam an die Grenzen des Raumangebotes, aber es stehen noch so viele Reiseziele auf der Liste, dass eine Alternative, wenn überhaupt, wohl erst in Betracht kommt, sobald ein Lottogewinn den Aufstieg in die "LKW-Klasse" möglich macht. Außerdem helfen uns der Dachgepäckträger auf dem Explorer, dessen Dachlast mehr als ausgenutzt wird, sowie ein Gepäckträger mit zwei Alu-Transportkisten ein gutes Stück weiter.


© 1997 Hubert Quadflieg