Auch Eigenbau macht´s möglich:

Über die Entstehung einer kompakten Pickup-Reisekabine ...


Vorbemerkung der Redaktion: Wir freuten uns sehr, als uns während der "Abenteuer Allrad" in Bad Kissingen 2003 zwei Bekannte besuchten, die bereits im Vorjahr an unserem Stand gewesen waren: Thomas Frech und sein Freund Reto hatten uns 2002 von einem Vorhaben erzählt, von dessen Fortschritten sie nun stolz berichten konnten: Dem Eigenbau einer Pickup-Kabine. 

Klar, dass wir begeistert waren von diesem Erfolg, hatte doch unser Explorer ebenfalls als Anregung für das bemerkenswerte Vorhaben gedient. Noch begeisterter waren wir allerdings, als uns die "Bauherren" versprachen, über ihr Projekt noch einen Bericht zu verfassen: Vielleicht auch als Anregung für andere interessierte Selbstbauer veröffentlichen wir nun die bisherigen Überlegungen und Arbeiten der ersten Ausbaustufen.  


Die Vorgeschichte

Es begann wie bei vielen anderen auch: Im November 1999 machten mein Freund und ich eine fünfwöchige Amerikareise mit einem Mietwagen. Da wir auf dieser Reise immer im Motel übernachteten, waren wir gezwungen, jeweils die nächste Ortschaft mit Übernachtungsmöglichkeit anzufahren.

In Alaska werden Wünsche wach ...Nur allzu oft wären wir allerdings lieber an einem schönen Platz in der Natur geblieben: So z. B. in den Nationalparks. Aber ohne Zelt war dies nicht möglich und im Auto zu schlafen, wäre auch nicht sonderlich angenehm gewesen. Ganz klar, dass es so auch bei uns passierte: Es entstand der Wunsch, bei der nächsten solchen Reise mit einem Fahrzeug unterwegs zu sein, in dem man auch wohnen und schlafen kann.

Nur ein Jahr später planten wir bereits an einer längeren Europatour. Wir suchten lange nach gebrauchten Campingbussen, fanden leider aber nichts, das unserem Budget entsprach: Entweder waren die Busse fast neu, und daher natürlich auch teuer, oder aber sie fielen bereits fast auseinander vor Alter und Rost ...

Schließlich entschieden wir uns für eine andere Reise - und diese führte uns erneut in die USA: Nach Kanada und Alaska.

Besser "unterwegs" mit 4WD

Auf der dreimonatigen Reise hatten wir einen kompakten Van als Camper, ohne Allradantrieb. Da wir eher abenteuerlustige Touristen sind, übernachteten wir zumeist wild: Oft befuhren wir bei der Suche nach geeigneten Übernachtungsplätzen irgend welche kleine Seitenstraßen, die häufig unbefestigt und in schlechtem Zustand waren.

Im Yukon und in Alaska bestehen sehr viele Wege nur aus Schotter, oft wünschten wir uns deshalb einen zuschaltbaren Allradantrieb, um auch schlechte Straßen ohne Probleme meistern zu können.

Auf dem Denali Highway in Alaska ...

Gegen Ende der wunderschönen Reise trafen wir ein deutsches Ehepaar mit einem umgebauten Toyota Land Cruiser (Buschtaxi). Uns faszinierte dieses Fahrzeug: Es hatte einen einfachen Kofferaufbau mit Klappdach, war sehr kompakt und wies trotzdem den nötigen Komfort auf.

Unter Komfort verstehen wir als einfach Reisende folgendes:

  • Fließend Kaltwasser
  • Genügend große Kochstelle mit Abwaschbecken
  • Großzügiges Bett
  • Gute Innenraumausleuchtung
  • Bequeme Sitzgelegenheit mit nicht zu kleinem Tisch
  • Stehhöhe im Fahrzeuginnern
  • Kühlbox oder Schrank
  • Genügend Stauraum.

Mit Allradantrieb, Geländereduktion, Differentialsperren und einem sehr stabilen Leiterrahmen ist mit einem solchen Fahrzeug auch bei sehr schlechten Straßen das Vorwärtskommen garantiert.

Willkommen im Yukon Territory ...Ebenfalls faszinierten uns die zahllosen Pickup-Camper, die man in Nordamerika fast an jeder Straßenecke antrifft. Auch mit einem solchen Fahrzeug kommt man noch weiter, wenn ein zweiradgetriebenes Vehikel schon lange durchdreht.

Pickup als geeignetes Reisefahrzeug?

Wir waren uns - auch nach Lektüre des Beitrags über die Auswahl des richtigen Expeditionsfahrzeugs - einig, dass man auch auf einen europäischen bzw. japanischen Pickup so eine Wohnkabine stellen könnte. Da aber amerikanische Pickups schon fast gigantische Ausmaße gegenüber den Japanern haben, müsste die Kabine im richtigen Größenverhältnis zum Basisfahrzeug stehen.

Dieser Punkt erschien uns von Anfang an sehr wichtig, denn mit einer wuchtigen, schweren und hohen Kabine auf dem Pickup geht dessen Geländegängigkeit zum großen Teil wieder verloren, da der Schwerpunkt viel zu hoch liegt. Zudem hält das Fahrzeug den nicht zu unterschätzenden Belastungen im Gelände wohl nicht allzu lange Stand.

Noch in den Ferien schauten wir uns im Internet nach Herstellern von Reise- und Offroadfahrzeugen um. Wir stellten schnell fest, dass sich dieser Markt vor allem auf Deutschland, die Schweiz und auf Österreich konzentriert.

Neben vielen genialen Fahrzeugen mit kompakten Abmessungen fanden wir auch Kabinen, die schon auf den ersten Blick viel zu wuchtig und unverhältnismäßig groß wirkten für die doch eher kleinen europäischen Pickups.

Da wir von der Idee einer einfachen kleinen Pickup-Kabine mit Klappdach begeistert waren, skizzierten wir noch auf der Reise eine Kabine mit Pickup-gerechten Abmessungen. Es schien uns besser, die Stehhöhe im Fahrzeug durch ein Klappdach zu erreichen. Somit sinkt die Seitenwindanfälligkeit deutlich, auch der Schwerpunkt liegt tiefer und das Kurvenfahren gestaltet sich ebenfalls deutlich angenehmer. Nicht zuletzt spart man durch den niedrigeren Luftwiderstand sogar noch Treibstoff.

Wenn man zudem häufig Autofähren benutzt, wird man auch dort unnötige Kosten sparen, denn oft bezahlt man ab einer bestimmten Höhe des Fahrzeugs doch recht happige Zuschläge.

Erste Schritte vor der Planung

Die Idee vom idealen 4WD-Reisemobil wurde also bereits auf der noch nicht beendeten Reise geboren. Wieder zu Hause, begann mein Freund eine Zusatzausbildung, ich konnte im gleichen Betrieb weiter arbeiten.

Die Idee mit der Reisekabine ließ mich nicht mehr los, schon bald nach unserer Heimkehr begann ich mich auf dem Gebrauchtfahrzeugmarkt nach Pickups umzusehen. Ich merkte schnell, dass diese Fahrzeuge ziemlich rar sind. Um einen besseren Überblick zu erhalten, abonnierte ich eine Zeitschrift, die vollgestopft ist mit Gebrauchtwaren, unter anderem auch Fahrzeugen. Diese wöchentlich erscheinende Zeitschrift und auch das Internet durchsuchte ich nun regelmäßig nach Geländewagen.

Neben der Fahrzeugsuche begann ich, erste maßstäbliche Zeichnungen anzufertigen. Bereits im September 2001 hatte ich einen ersten Satz fertig gestellt mit allen erforderlichen Ansichten und dem Grundriss meiner Wunschkabine.

Über die Konstruktion im Detail hatte ich mir allerdings noch keine näheren Gedanken gemacht: Es ging mir in einem ersten Schritt lediglich darum, die Zeichnungen und Ideen dem Straßenverkehrsamt vorzulegen, um prüfen zu lassen, ob ein solcher Aufbau überhaupt gesetzeskonform selbst hergestellt werden darf.

Oder doch besser einen 4WD-Bus?Im Detail konnte mir niemand Auskunft geben, doch grundsätzlich sei meine Konstruktion nicht gesetzeswidrig, sofern sie fachgerecht ausgeführt werde und gewisse Größen nicht überschreite.

Zweifel bei der Fahrzeugwahl

Ganz plötzlich kamen die Zweifel: Ich war mir bezüglich der Art des Fahrzeugs plötzlich nicht mehr so sicher und fragte mich, ob es vielleicht nicht besser wäre, einen 4WD-Bus zu kaufen, mit einem Klappdach zu versehen und dann eine einfache Inneneinrichtung herzustellen, die leicht herauszunehmen wäre, um den Bus so auch für andere Zwecke verwenden zu können. 

Außer nach Pickups schaute ich mich somit also zusätzlich noch nach 4WD-Bussen um: Als einziges Modell in dieser Kategorie wäre für mich der Toyota Hiace in Frage gekommen. Ich stellte aber erneut fest, dass auch 4WD-Busse sehr rar sind, besonders unter den Toyotas findet man nur wenige. 

Ich konzentrierte mich ganz bewusst auf Toyotas, da diese Fahrzeuge in Pannenstatistiken meistens sehr gut abschneiden. Übrigens suchte ich auch bei den Pickups fast ausschließlich nach Toyota Hilux und Nissan Navara.

Nach sehr langem Abwägen der Vor- und Nachteile eines Busses bzw. eines Pickups entschied ich mich letztendlich aber zu Gunsten eines Pickups. Die Entscheidung war somit also gefällt, nun fehlte nur leider immer noch das Fahrzeug ...

Input in Bad Kissingen

Durch meinen Freund hörte ich von der Offroadmesse in Bad Kissingen, der "Abenteuer Allrad" im Mai 2002. Da auch er begeistert war von unserer gemeinsamen Idee, entschlossen wir uns, diese Messe zu besuchen, obwohl der Weg aus der Schweiz dorthin doch gute 500 km beträgt. 

Zu Besuch beim Explorer Magazin: Bad Kissingen 2002Auf der Messe sahen wir natürlich jede Menge Interessantes, unter anderem auch das Redaktionsfahrzeug vom Explorer Magazin. Wir hatten es zwar zuvor schon im Internet gesehen, in "Lebensgröße" erschien uns dieses Fahrzeug aber definitiv als Vorbild für mein bevorstehendes Projekt.

Wir redeten lange mit dem Explorer Team über die Stärken und Schwächen dieses Fahrzeugs, die Stärken überwogen allerdings deutlich in Hinblick auf unser Vorhaben. Mit einem Rucksack voller Prospekte und vielen Ideen fuhren wir zurück in die Schweiz ...

Nach dem Studium des umfangreichen Prospektmaterials erhielt man einen guten Überblick, was auf dem Sektor Reise und Expeditionsmobile alles angeboten und hergestellt wird.

Das Angebot aus dem Internet

Wenige Wochen nach dem Messebesuch stieß ich übers Internet auf ein sehr überzeugendes Angebot eines Toyota Hilux 1,5 Kabiners mit Hardtop, Trittbrettern usw. Der Preis lag für mich auch noch im grünen Bereich.

Dies zusammen mit der Tatsache, dass ordentliche gebrauchte Pickups tatsächlich nur schwer zu bekommen sind - vielleicht ab und zu mal im Marktplatz eines Pickup-Forums oder natürlich im Bazar des Explorer Magazins () - gab schließlich den Ausschlag.

Ich reagierte nun schnell und sah mir das Fahrzeug übers Wochenende an. Ich war wirklich sehr positiv überrascht, ließ mir aber trotzdem noch eine Woche Bedenkzeit. In dieser Woche entschied ich mich definitiv für den Kauf. Am folgenden Samstag konnte ich das Auto abholen.

Nicht ganz ohne Stolz fuhr ich mit dem Fahrzeug, nach dem ich lange gesucht hatte, nach Hause. Als eine der ersten Arbeiten maß ich die Ladefläche meines Hilux genau aus. Um mir jedoch die Option offen zu halten, die Kabine später auch auf das Fahrzeug eines anderen Herstellers montieren zu können, ließ ich mir in der nächsten Zeit von jedem in der Schweiz erhältlichen Pickup-Modell Prospekte mit Maßangaben zusenden.

Klappdach oder festes Dach?

Aufgrund dieser Maße legte ich einen "multikompatiblen" Grundriss fest, darüber hinaus auch die maximale Länge und Breite meiner künftigen Kabine. Aufgrund dieser Maße entstanden die verschiedenen Ansichtszeichnungen, die allerdings immer noch Entwürfe darstellten.

Bei der weiteren Planung wirkte nun auch mein Bruder mit, der ebenfalls von meinem Projekt begeistert war. Wir beschlossen, das Projekt gemeinsam umzusetzen, ebenso die Finanzierung.

Ein Modell im Maßstab 1:5 ...Aus vielen Ideen entstand ein Holzmodell im Maßstab 1:5, bei diesem Modell wurde auch bereits die Inneneinrichtung mit einbezogen (Anm. der Red.: Zu diesem Modell haben wir einen eigenen Beitrag in unserem "Modellkeller" aufgenommen: Vorarbeiten: Eine Wohnkabine entsteht). 

Wir waren vom Grundriss sehr überzeugt, die Frage nach einem festen oder klappbaren Dach war dagegen umstritten. Wir waren uns darüber einig, dass es viel komplexer und anspruchsvoller sein würde, ein Klappdach herzustellen.

Um  eine definitive Entscheidung über diese wichtige und nachhaltig wirkende Frage fällen zu können, fertigten wir die Seitenansicht einer festen Kabine aus Dachlatten im Maßstab 1:1 an. Wir konnten diesen Rahmen auf die Ladefläche stellen und uns auf diese Weise ein reales Bild zu machen.

So standen wir schließlich eine ganze Weile vor dem Fahrzeug und schauten uns die Sache wieder und immer wieder an. Da das zweidimensionale Gestell bereits sehr hoch und wuchtig wirkte, stand für uns fest, dass letztendlich ein dreidimensionaler Aufbau tatsächlich zu groß wäre. Die Entscheidung für ein Klappdach (Hubdach) war damit gefallen ...

Fehlende Erfahrung mit GFK-Verarbeitung

Dem Baubeginn stand jetzt nur noch die Frage der richtigen Baukonstruktion im Wege. Bei allen möglichen Herstellern von Holzplatten, Sandwichplatten, Wabenkernplatten usw. forderten wir Prospektmaterial an. Im Internet schauten wir den Herstellern von Expeditions- und Reisekabinen sowie allgemeinen Fahrzeugherstellern über die Schulter.

Wir stellten fest, dass ein Großteil der Hersteller Sandwichplatten aus GFK oder Aluminium verwendet. Aufgrund der hohen Preise sowie der fehlenden Erfahrung auf dem Gebiet der Verarbeitung von GFK schied diese Konstruktionsweise rasch aus. Ich hatte zudem Berichte gelesen, in denen die Sandwichplattenbauweise als zu wenig pistenfest beschrieben wurde, logischerweise pries jeder Hersteller von Expeditionsfahrzeugen seine Bauweise als die Idealste an.

Doch trotz all dieser Voraussetzungen sollte es nun an die Konstruktion gehen ... 


© 2003 Text/Fotos: Thomas Frech, Bild Bad Kissingen: Explorer Magazin