Le Havre, Dienstag 10.05.16

Die Einfahrt im Hafen von Le Havre gestaltet sich merkwürdig: In Schleichfahrt nähern wir uns bei diesigem bis düsterem Wetter den ersten Hafenbecken. Die Hafenstadt am Ärmelkanal unmittelbar an der Mündung der Seine scheint nicht besonders einladend zu sein an diesem Morgen und so macht die AIDAprima auch keinerlei Anstalten zum Anlegen: Langsam tuckern wir bis zum Ende der Kette von Hafenbecken, um schließlich am Schluss eine Volldrehung um 180° einzuleiten. Braune Brühe wird von den gewaltigen Strahlrudern aufgewirbelt, als wir drehen: Was ist das für ein komisches Manöver, haben wir uns etwa verfahren ..?

Merkwürdige Schleichfahrt samt Drehmanövern: Einfahrt in Le Havre Das Schiff dreht auf der Stelle ... Wieder Arbeit für die Strahlruder ...

Irgendwann später werden wir von Kapitän Detlef Harms erfahren, dass zu dieser Zeit offenbar ein Lotse am Steuer ist, dem man dann allerdings die Steuerung aus der Hand nimmt und das Schiff wieder selbst manövriert. Wir haben schon eine deutliche Verspätung, als wir schließlich am Terminal Croisière, dem Kreuzfahrt Terminal am Quai Roger Meunier, festgemacht haben.

Ungeduldig warten die Passagiere darauf, das Schiff verlassen zu können, während in höchst umständlicher Art und Weise per Kranwagen eine altertümlich wirkende Gangway aufgestellt wird - ist das hier tatsächlich der Stand der Technik oder hat das eher mit Besonderheiten unseres Schiffs zu tun?

Am Terminal Croisière, Quai Roger Meunier Modernste Technik? Kranwagen für die Gangway ... Regenfahrt: Der Bus zur D-Day Fahrt steht bereit ...

Die Passagiere haben auch heute wieder eine reichhaltige Auswahl an organisierten Touren, die man aber zum Teil mit etwas mehr Aufwand auch selbst organisieren und durchführen könnte: So wird natürlich ein Ausflug nach Paris angeboten, wobei die Fahrt in die Seine-Metropole auch die bereits bei Southampton/London angesprochenen Probleme aufwirft. Sicher keine Reise, die man in Anbetracht der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit von hier aus empfehlen könnte!

Demgegenüber ist recht gut die Normandie zu erreichen mit ihren eindrucksvollen Landschaften und mittelalterlichen Städten. Unter dem Schlagwort "Seefahrerromantik" kann man die Seefahrerstadt Honfleur und das nahe Seebad Deauville erkunden, als "Malerisches Flair" wird die Reise in die größte Normandie-Stadt Rouen und auch nach Giverny zur Heimatstadt des Malers Monet angeboten.

Rund 150 km von Le Havre bis zur Omaha BeachEine wegen der Fahrt durch die beschauliche Landschaft der Normandie als "Normannischer Zauber" bezeichnete Reise zu den alten Seebädern Fécamp und Étretat ist von hier aus ebenfalls möglich.

Wir entscheiden uns dagegen für eine Tour, die später im Rahmen der AIDAprima-Fahrten gar nicht mehr angeboten wird: Die Landungsgebiete des D-Days 1944 sind von Le Havre aus ebenfalls erreichbar, selbst wenn schon bis zum Strand "Omaha Beach" in der Nähe des kleinen Örtchens Saint-Laurent-sur-Mer rund 150 km zurückzulegen sind.

Der Zufall will es, dass wir nur wenige Monate später bei unserer Reise nach Irland zur Fähre in Cherbourg genau an dieser Stelle erneut vorbeikommen werden, allerdings können wir uns dabei dann auf andere Schwerpunkte konzentrieren.

Heute jedenfalls fahren wir mit dem Bus somit zum ersten Mal über die berühmte und natürlich mautpflichtige größte Schrägseilbrücke Europas, die Pont de Normandie, die mit einer Spannweite von über 850 Metern Ende der 80er bis Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts erbaut wurde.

Dieses Gebilde, das über die Mündung der Seine führt und Le Havre mit Honfleur verbindet, werden wir im August erneut zwar bei bestem Wetter, dafür aber bei chaotischen Stauverhältnissen passieren, heute im Bus dagegen haben wir nur ein kurze Reisezeit über die Brücke. Dafür aber ein greulich miserables Wetter, das irgendwie mit seiner Atmosphäre bestens zum heutigen Ziel passt: Den Landungsgebieten der alliierten Truppen im Jahr 1944. Auch zu dieser Gegend und dem Besuch dort haben wir einen eigenen Beitrag in unserer Rubrik Hinterlassenschaften aufgenommen.

Die Reise führt uns tatsächlich durch eine beeindruckende Landschaft der Normandie, die heute in ihrer düster nebligen Atmosphäre noch einen ganz besonderen Reiz ausübt, den man nicht so leicht wieder vergessen wird und den man so sicher nicht erleben kann, wenn man im Hochsommer so schnell wie möglich zu einer Fähre nach Irland gelangen will ...

Über die Normandie-Brücke: Bei D-Day Tour und später im August 16 ... Korkenzieher-Architektur in Brückennähe: Bei D-Day Tour und später im August 16 ...
Durch die verwunschen neblige Normandie-Landschaft ...
Mittelalterliche Kirchen ... ... und spezielle Fachwerk-Architektur ...

Der Ausflug ist so insgesamt ein gelungenes Unternehmen und wir bereuen ihn in keiner Weise, als wir am Abend wieder zurück zur AIDAprima kommen. Und wir kommen tatsächlich wieder an Bord, auch wenn es vorher bei der französischen Sicherheitskontrolle eine Diskussion über das mitgeführte Schweizer Messer gibt: Der offenbar von der Luftfahrt inspirierte Mann sieht dann tatsächlich ein, dass man diese "Waffe" schon beim Verlassen des Schiffes dabei hatte und dass es sicherlich schwierig werden könnte, die AIDAprima nun mithilfe dieses Taschenmessers zu fernen Gestaden zu entführen ...

Die Bordzeitung von heute hat für 18:30 Uhr ein "Alle an Bord" angeordnet, da das Schiff um 19:00 Uhr ablegen will in Richtung unseres nächsten Ziels in Belgien.

Beim Auslaufen in Le Havre können wir das ganz besondere Flair dieses Hafens noch einmal genießen: Von der Aussicht auf die imposante Küste bis zu den Schemen der im Hafen ein- und auslaufenden anderen Schiffe erneut ein großartiges Erlebnis!

Ausfahrt: Vorbei am Yachthafen ... ... und an der Hafeneinfahrt ... Blick auf imposante Küstenlandschaft ...
Abendidyll: Schiffsausfahrt in Le Havre ... Der Tower hat alles im Blick ... Eine Reise ins Licht ..?

© 2016 J. de Haas